SoZ - Sozialistische Zeitung |
Die Redaktion der Prokla hat mit der
Heftnummer 155 zum Thema Sozialismus? eine lesenswerte Artikelsammlung
zusammengestellt. Sie will Antworten darauf geben, an welche historischen
Erfahrungen der Arbeiterbewegung wir heute anknüpfen können, und
mit welchen Traditionen gebrochen werden sollte.
Die
Redaktion erkennt ein erneutes Bedürfnis nach theoretischer
Durchdringung des Kapitalismus. Das habe es möglich gemacht, den
Sozialismus wieder zu einem Bezugspunkt der wissenschaftlichen und
politischen Diskussion zu machen.
"Um
(jedoch) nicht im schlechten Sinne utopisch zu sein, müssen
Konzeptionen des Sozialismus von der Kritik am Kapitalismus und an den
gescheiterten historischen Versuchen des Übergangs zum Sozialismus
ausgehen.” Denn „die Menschen müssen, selbst wenn sie
für den Sozialismus Sympathie haben, befürchten, bei jedem
weiteren Versuch, ihn herzustellen, das wenige Gute, was sie haben, zu
verlieren."
Um
historische Hypotheken zu benennen und die Konturen einer
überlebensfähigen Alternative zum Kapitalismus sichtbar zu
machen, wurden acht Autoren um Beiträge gebeten.
Alex
Demirovic versucht zu begründen, warum eine Rätedemokratie nach
wie vor die geeignete Form ist, die bürgerliche Klassenherrschaft zu
überwinden. Die notwendige Form der Räte entwickelt er aus der
Kritik der Funktionsweise des bürgerlichen Staates und macht dabei
einen neuen Anlauf, Argumente für die klassische Marxsche
Argumentation gegen die Gewaltenteilung zusammenzutragen. Dies ist neu,
denn vor dem Hintergrund totalitärer Tendenzen im sog. Realsozialismus
war die Sympathie für die Gewaltenteilung auch unter Linken stark
gestiegen. Raul Zelik rekapituliert die Versuche, markwirtschaftliche
Regulationen durch staatliche Steuerungsformen zu ersetzen, und kommt zum
Ergebnis, dass diese Bilanz in vielerlei Hinsicht noch schlechter
ausgefallen ist als die des Kapitalismus. Er plädiert deshalb für
einen eher pragmatischen Umgang mit dieser Frage, die er nicht als
Kernfrage dafür ansieht, ob eine Gesellschaft sozialistisch ist oder
nicht. Die Gegenposition dazu vertritt Katharina Götsch, die die Suche
nach einem wie auch immer gearteten Marktsozialismus für eine
Sackgasse hält. Besonders gelungen dabei ist aus meiner Sicht ihre
Kurzanalyse des Scheiterns des jugoslawischen Selbstverwaltungssozialismus.
In gewisser
Hinsicht wirklich theoretisches Neuland betritt Christian Siefkes, der aus
der Erfahrung der freien Softwarebewegung heraus mögliche
Grundprinzipien für eine Ökonomie der freien Assoziationen
entwickelt. Hendrik Wallat bewegt sich in seinem Beitrag durch die blauen
Bände und weiß viele, und zum Teil wenig bekannte,
Marxäußerungen zusammenzutragen, die ein Bild davon zeichnen,
worin für Marx die Essentials einer nichtkapitalistischen Gesellschaft
bestanden. Rolf Hoffrogge analysiert die Sozialismuskonzepte der deutschen
Arbeiterbewegung von 1848—1920 und benennt zentrale theoretische
Irrtümer, die dazu führten, dass die deutsche Sozialdemokratie
auch nach der „marxistischen Wende” keine
realitätstaugliche Strategie für eine soziale Revolution
entwickeln konnte.
Marcel van
der Linden stellt marxistische Kritiken der Sowjetgesellschaft vor und
kommt zum Schluss, dass keine widerspruchslos mit Marxschen
Kategorien arbeiten kann. Im letzten Beitrag will Renate Hürtgen die
Frage beantworten, ob die VEB in der DDR einen Fortschritt gegenüber
den Herrschaftsstrukturen in kapitalistischen Betrieben darstellten. Sie
sieht die Gemeinsamkeiten dominieren und resümiert, dass Staat und
Partei weder in ihren Ansätzen noch ihrer Möglichkeit nach einen
Emanzipationsprozess eingeleitet haben. So überzeugend mir ihre
generelle Argumentation scheint, ist sie mir dann in dieser Konsequenz doch
zu kategorisch.
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