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Günter Wallraff wagt viel mit diesem
Film, in dieser Rolle von Kwami Ogonno. Er wagt viel, denn allein die
Verkleidung wird von vielen Schwarzen oftmals als Affront wahrgenommen.
„Blackface” nannte man das vor vielen Jahrzehnten, als es noch
üblich war, dass Weiße die Rolle von Schwarzen im Vaudeville oder
in frühen Hollywoodfilmen übernahmen.
Natürlich weiß Wallraff selbst um das Wagnis, das er eingeht.
„Vor Jahren hatte ich einen ersten Anlauf gemacht,” schreibt er
in einer Zeitreportage über seine Rolle als Kwami Ogonno, „das
Vorhaben aber wieder abgebrochen. Nicht weil diese Rolle anmaßend
wäre gegenüber schwarzen Migranten oder schwarzen Deutschen. Jede
meiner Rollen ist auf bestimmte Weise anmaßend — aber ohne
diesen Schritt auf fremdes Terrain würde ich viel weniger über
die Lebenswirklichkeit der Menschen erfahren, in deren Haut ich
schlüpfe."
Er trifft
den Punkt damit. Denn natürlich weiß man „irgendwie”
um offen ausgelebten und verklemmten Rassismus, aber wie es sich
anfühlt, ständig notgedrungen damit konfrontiert zu sein, kann
man sich nicht vorstellen.
Am Anfang
des Films sieht man, wie Wallraff sich verwandelt, mit Farbe besprüht
wird, eine Perücke aussucht und anschließend kunstvoll verkabelt
wird. Denn natürlich kann man einen solchen Film nur mit versteckter
Kamera drehen. Es gibt also diese ganz subjektive Perspektive, stets ist
jedoch auch ein zweites Kamerateam zugegen, wodurch die einzelnen
Situationen besser dargestellt werden können. Ein besonders
interessanter Kunstgriff ist, dass kurz nach Kwami Ogonno „normale
Deutsche” die Szene betreten und so die Dinge mitbekommen, die man
niemals direkt einem Schwarzen sagen würde.
So bei
einer Wohnungsbesichtigung im ach so toleranten Köln. Die Vermieterin,
eine gutbürgerliche Dame jenseits der 50, geht sehr freundlich mit
Herrn Ogonno um, vielleicht etwas reserviert. Doch als „Familie
Hildebrandt” kurz darauf die Wohnung besichtigt, erzählt sie
ganz aufgeregt: „Ich war eben grad so erschrocken, da kommt so ein
Mieter, den kann ich nicht so ins Haus nehmen, so einen Schwarzen ... Ich
kann das ja nicht am Telefon sehen, wie der aussieht. Er sprach ja ein
gutes Deutsch, aber ich komm da gar nicht drüber hinweg. Der war ganz
schwarz, ganz schlimm ... und dann die Haare ... der war so schwarz wie der
Heidi Klum ihrer."
In anderen
Situationen setze sich Wallraff auch körperlicher Gefahr aus, in
Nachtlokalen in Rosenheim und besonders bei ostdeutschen Fußballfans.
Nur das Eingreifen einer couragierten Polizistin im Fussballsonderzug
rettet ihn vor einem körperlichen Angriff. Diese rohe, unmittelbare
Konfrontation mit dieser abstossend aggressiven Haltung ist erschreckend.
Vor einem Bus, der die Fans nachhause bringen soll, fragt Wallraff Fans von
Dynamo Dresden, ob er denn mitfahren könnte. Die durchwegs
kahlrasierten, bizepsbetonenden jungen Männer bieten ihm den
Gepäckraum an. Ein anderer belehrt ihn, „Du willst nach Dresden?
Dann fährst du über die Elfenbeinküste, über
Afghanistan, musst um Mosambik einen großen Bogen machen, dann bist du
da."
Die Technik
der Handkamera ist für den Zuseher nicht immer einfach. Schön
sind die Szenen, in denen schwarze Deutsche selber von ihren Erfahrungen
erzählen, davon hätte man sich fast mehr gewünscht —
andererseits wäre es aber dann ein anderer Film geworden.
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