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Zumindest im Hinblick auf die künftigen Beitrittsverhandlungen mit den 13 EU-Bewerbern hätte
das Motto des jüngsten Gipfels der EU-Regierungschefs in Helsinki "Teile und herrsche" lauten können. Waren die
Beitrittskandidaten bisher in zwei Gruppen aufgeteilt, hat der Europäische Rat nun beschlossen, keine Kontigentlösungen mehr
anzustreben.
Künftig werden sie einzeln antreten und um die Gunst der EU-
Kommission buhlen müssen. Die überprüft, welche Kandiaten die Zugangskriterien zu ihrer Zufriedenheit erfüllen.
Dabei geht es zwar auch um rechtsstaatliche Prinzipien, Demokratie und Menschenrechte, die gerade EU-Politiker gerne und häufig
betonen. Doch mit dem Eintritt in den Binnenmarkt sollen vor allem die Kandidaten belohnt werden, die den wirtschaftlichen
Stabilitätskriterien und der rigiden Asyl- und Einwanderungspolitik der EU entsprechen. Von sozialen Mindeststandards oder einer
Abfederung für die massenhaften Konkurse von Landwirten in den Beitrittsländern ist nirgends die Rede. Und natürlich
sollen die 550 Millionen EU-Bürger dann einem europäischen Verteidigungssystem untergeordnet sein.
Auch wenn der Europäische Gewerkschaftsbund vor den Folgen
einer zu schnellen Eingliederung der Kandidaten warnt, peilt der Europäische Rat erste Beitritte im Jahr 2002 an. Beim aktuellen Niveau
der Einkommensunterschiede würde ein starker Anreiz für eine Abwanderung von Arbeitskräften von Osten nach Westen
bestehen. Genau darauf setzt die EU in ihrer Agenda 2000 und hofft auf eine Beschleunigung des "bereits eingeleiteten Prozesses der
Flexibilisierung der Arbeitsmärkte in angrenzenden Ländern wie Österreich und Deutschland".
Nicht nur die Verbilligung der Ware Arbeit in den heutigen EU-Staaten
korrespondiert mit Interessen großer Wirtschaftsunternehmen. Außer den landwirtschaftlichen Betrieben soll es auch anderen
Unternehmen in den Beitrittsländern ähnlich wie bei der deutschen Wiedervereinigung an den Kragen gehen. Die international
operierende Citibank hat schon mit einer Studie Vorarbeit geleistet und weit mehr als 50% der Unternehmen in der Tschechischen Republik,
der Türkei, Ungarn und Polen als "nicht kreditwürdig" eingeordnet. EU-Konglomerate werden sie fressen und
einstampfen. Übrig bleiben werden die wegrationalisierten und entlassenen Beschäftigten, denen ihre Existenzgrundlage entzogen
wird. Dann könnte das Kalkül der EU aufgehen, denn vielen von ihnen wird dann nur noch eins bleiben: der Weg nach Westen, als
Futter und Motor für den prosperierenden Billiglohnsektor.
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