Sozialistische Zeitung |
Die Euromärsche haben auf ihrer letzten Bundeskonferenz wie auch auf dem anschließenden
Treffen des europäischen Büros der Märsche ihre Marschroute für das Jahr 2000 im Groben festgelegt.
- Eine Auswertung des Aktionstags vom 10.12. ergab, dass es in der BRD
nur in wenigen Regionen Beteiligung gab, und auch dort waren die Aktionen klein. Vielfach war den Gruppen nach den Mobilisierungen zum
Weltspartag die Puste ausgegangen. Eine Weile lang, so die Einschätzung, werden wir uns noch mit kleinen lokalen Aktionen
begnügen müssen - diese sind deshalb nicht weniger sinnvoll. So wurde vorgeschlagen, zum Sozialgipfel in Lissabon am
23.März keinen europäischen Aktionstag mehr auszurufen, aber eine Flugblattverteilaktion durchzuführen, die über das
informiert, was dort diskutiert wird.
- In Anbetracht der schwachen Kräfte der Erwerbslosenbewegung
derzeit kommt dem Runden Tisch der Erwerbslosenverbände Mitte Februar eine besondere Bedeutung zu. Die Euromärsche
erhoffen sich davon einen neuen Ansatz für eine Zusammenarbeit, die auch den geänderten Bedingungen (Orientierung der
Regierung auf einen Billiglohnsektor, auf Arbeitszwang und die Ausweitung einer Schicht von working poor) Rechnung trägt.
Gewerkschaften, Sozialhilfeinitiativen und Erwerbslosenverbände müssen zusammenarbeiten, um dem entgegenzuwirken. Wenn es
gelingt, dass wir uns auf gemeinsame Aktivitäten in diesem Jahr - auch im Hinblick auf den EU-Gipfel in Nizza im Dezember 2000 -
verständigen können, sind wir einen Schritt weiter.
- Dass wir inhaltlich im Moment auf der Stelle treten, ist ein verbreitetes
Gefühl. Zu den Erwerbslosengruppen und Euromarschgruppen stoßen kaum neue Gesichter. Die Ansprache der Betroffenen
fällt uns schwer; ein Teil mag damit zu tun haben, dass viele von der neuen Regierung enttäuscht sind und keinen Weg für
Verbesserungen sehen. Einiges hängt aber vielleicht auch damit zusammen, dass wir möglicherweise nicht die richtigen Themen
aufgreifen, an den tatsächlichen Zuständen vorbeireden, oder auch mit unseren Forderungen falsch liegen.
Wir haben verabredet, uns das nächste Mal verstärkt mit
prekären Beschäftigungsverhältnissen zu befassen. Ein anderer Ansatz ist der, der von den ostdeutschen
Erwerbslosenparlamenten vorgetragen wird: die Politik in die Pflicht nehmen, lokal etwas in Bewegung setzen, Erfolge organisieren (das ist
möglich, wie einzelne Erfolge, z.B. die Einführung des Arbeitslosentickets, immer wieder zeigen. Ein dritter Ansatz spricht davon,
dass die Vorstellung einer Gesamtperspektive fehlt: wie kommt man über lokale und individuelle Verbesserungen hinaus?
- Während also neue Untersuchungsarbeiten und Diskussionsprozesse
über die verschiedenen organisierten Milieus hinweg angeschoben werden müssen, steht uns mit dem Sozialgipfel in Lissabon eine
neue Herausforderung ins Haus: dort wird davon die Rede sein, wie die Sozialsysteme "beschäftigungsfähig" gemacht
werden. Die allgemeine Zielsetzung ist die, das System der Sozialleistungen so umzubauen, dass sie nicht mehr Ersatz für entgangenen
Lohn bieten, sondern nur noch eine möglichst kurzzeitige Abhängigkeit in Aussicht stellen, bis der nächste Job da ist - gleich
ob mensch von diesem leben kann oder nicht.
In Portugal selbst sind bislang folgende Aktivitäten dazu geplant:
- vom 7.-9.3. findet ein Forum der linken Fraktion im Europaparlament
statt, zu dem die Märsche eingeladen sind; VertreterInnen aus Italien und Belgien nehmen die Einladung wahr;
- am 23.3. organisiert die portugiesische Gewerkschaft CGTP eine
Demonstration anlässlich des Sozialgipfels; die Haltung der zweitgrößten Gewerkschaft, UGT, ist noch unklar. Die
Euromärsche werden in dieser Demo einen kleinen Block von 100 bis 150 Leuten haben. Mindestens ein Bus fährt von Madrid, ein
anderer von Lüttich bzw. Köln über Brüssel, Paris und das Baskenland nach Lissabon. Wenn mensch genügend
Zeit mitbringt, kann er/sie auch aus der günstig nach Lissabon kommen.
Der Europäische Gewerkschaftsbund will in dieser Woche
endgültig darüber entscheiden, was er macht (z.B. ob er im Juni eine eigene Demonstration in Porto organisieren will).
- Vom 24. bis 26.3. findet ein Gegengipfel statt, der von einem breiten
Bündnis organisiert ist. Auch hieran sind die Märsche beteiligt.
In Portugal gibt es keine Organisation der Märsche, weil es so gut
wie keine Erwerbslosenbewegung gibt. Unsere Aktivitäten dort dienen dazu, Kontakte mit sozialen Bewegungen zu knüpfen, damit
wir unser Netzwerk ausweiten können.
Angela Klein