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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.5 vom 02.03.2000, Seite 4

Die im Dunkeln sieht man nicht

Was jetzt mit dem CDU-Skandal geschieht, ist allein schon ein erneuter Skandal. Wird doch die Öffentlichkeit nachhaltig an der Nase herum geführt. Alle Augen werden auf Kohl, Kanter, Koch oder Schäuble gelenkt. Die Debatte um Personen, die in der CDU einen neuen Anlauf machen sollen, die Geschichte nun endlich zu beerdigen, überlagert die Frage nach den Profiteuren der Spenden und schwarzen Kassen.
Das Rechtsbewusstsein Kohls, die "Spender" nicht zu nennen, wird seine materielle Grundlage haben. Ehrenwort - vielleicht hatte er Barschel vor Augen, als der auf dem seinen bestand? Es sind ehrenwerte Leute, die an die CDU Geld gegeben haben, und mit der Regierungstätigkeit hatten die Spenden natürlich nichts zu tun.
Ein deutliches Beispiel dafür ist das Ehepaar Ehlerding aus Hamburg. Es hält die Hauptanteile an der Immobilienfirma WCM, der die Regierung den Kauf von Eisenbahnerwohnungen zum günstigen Preis ermöglichte.
Selbstverständlich ist es ehrenhaft, ohne Zweckangabe an die CDU zu spenden. Aber das Immobiliengeschäft mit der Aussicht auf steigende Profite aus dem Wiederverkauf bzw. der Sanierung und Vermietung der Eisenbahnerwohnungen wird gar nicht mehr untersucht. Wahrscheinlich war es reine Nächstenliebe, dem Bund die alten Wohnungen abzunehmen…
Damit nicht genug. Die VVN/BdA Frankfurt hat recherchiert, dass die Immobiliengesellschaft WCM des Ehepaars Ehlerding die größte Einzelaktionärin der IG Farben in Auflösung, Nachfolgekonzern der IG Farben, ist. Die Immobiliengesellschaft war und ist immer wieder in die verschachtelten Geschäfte der IG Farben i.A. verwickelt. Seit einigen Jahren sind führende CDU-Politiker in die Geschäfte der Abwicklungsgesellschaft der IG Farben einbezogen. Da war der ehemalige Bundesminister Krause, der ob seiner vielen Affären zurücktreten musste. Die jetzigen Liquidatoren heißen Bernhardt (Staatssekretär a.D. in Schleswig-Holstein, stellvertrender Schatzmeister der CDU Schleswig- Holstein a.D., MdB), Boysen (Staatssekretär a.D., Schleswig-Holstein) und Pollehn (Büroleiter des Staatssekretärs) und sind ebenfalls namhafte CDU-Repräsentanten.
Völlig ausgeblendet und nicht nachgehalten wird auch, welche Geschäfte Konzerne wie Thyssen oder Vulkan mit dem Kauf von ehemaligen DDR-Betrieben machten. Selbstverständlich ist es ein Skandal, dass die ehemalige Staatssekretärin im Verteidigungsministerium, eine sonst völlig unbekannte Provinzpolitikerin namens Hürland-Büning, nicht nur mehr als 250000 Mark Übergangsgeld bekam, sondern zusätzlich einen Beratervertrag mit Thyssen hatte, der ihr 8 Millionen Mark einbrachte. Offiziell ging es um Beratung beim Verkauf der Leuna-Werke. Was sind aber 8 Millionen gegen die Millionengewinne, die dabei anfielen? Kommt man bei der CDU mit 5 oder 10% Provision aus? Und wieso bekam Schäuble dann nur 100000 Mark vom ehemaligen Thyssen-Mann Schreiber? Die Förderung von Panzerverkäufen nahm einen anderen Weg, über ein Schweizer Konto, das von Thyssen eingerichtet und von der CDU abgebucht wurde. Wer fragt nach den Gewinnen aus den Panzerverkäufen?
Es wird ja auch lieber nicht danach gefragt, wieso einer der bestverdienenden Konzerne der BRD, der Volkswagen-Konzern, noch öffentliche Gelder für den Bau seines Werkes in Mosel erhielt. Und es wird auch nicht danach gefragt, wieweit der Vulkan-Skandal mit Hilfe von SPD-Verbindungen in Bremen und Niedersachsen gelaufen ist.
Die Profite, die sich Hochtief aus dem Bau des Schöneberger Flughafens erhoffte, sollten mithilfe von Manipulationen bei der Vergabe der Ausschreibung erreicht werden. Manager von Tochterfirmen von Hochtief machten in Senatsbetrieben den Berater - während der CDU-Mann Diepgen den Regierenden Bürgermeister abgibt. Ausnahme von der Regel: Das Geschäft flog vorher auf, den Flughafen darf Hochtief vorerst nicht bauen.
Der ehemalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg, der CDU-Mann Lothar Späth, übernahm die Carl-Zeiss-Jena-Werke und bekam rund 3 Milliarden Staatsknete zugesagt. Damit "schaffte" er das Wunder von Jena. Aus einem gesundgeschrumpften Unternehmen fließen wieder Profite.
Es ist kein Wunder, dass sich in den achtziger und neunziger Jahren Spendengelder bei der CDU einfanden, die mal auf schwarzen Konten versteckt, mal als Erbschaften ins Land geholt wurden, wenn der Wahlkampf es erforderte. In diesen Jahren stiegen die Gewinne der großen Kapitalgesellschaften ständig, die gesamtgesellschaftliche Lohnquote sank, die von den Unternehmen zu zahlenden Steuern stellten nur noch einen verschwindend geringen Teil des Steueraufkommens dar. Mehrere große Kapitalgesellschaften verdienten so gut, dass sie trotz günstiger Gesetze, die eine Verschleierung der tatsächlichen Gewinne ermöglichen, immer noch Milliardengewinne in den Bilanzen ausweisen: etwa die Deutsche Bank, Daimler Benz, VEBA.
Das ist die Spitze des Eisbergs. Das sind einige der Tatsachen und Ereignisse, die lieber im Dunkel bleiben sollen. Das Volk soll sich um die CDU-Personalien kümmern, soll sich das Maul über zwei, drei Millionen in schwarzen Kassen und hunderttausende in Aktenkoffern zerreissen - die Milliardengewinne sieht man dann nicht mehr. Und die Profiteure der Spendenskandale reiben sich die Hände und machen "unter" der SPD-Regierung weiter. Das Tausend- Panzer-Geschäft mit der Türkei lockt…

Adam Reuleaux


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