Sozialistische Zeitung |
Mit dem Beginn des 21.Jahrhunderts ist die russische Gesellschaft mit der schändlichen Tatsache des
blutigen Kolonialkriegs in Nordkaukasus konfrontiert. Die ganze Macht des "demokratischen" Russland wird dazu verwendet, ein
kleines Volk zu unterjochen, das es gewagt hat, sich dem Reich des Zaren oder Stalins ebenso zu widersetzen wie der
"Föderation" Jelzins. Zehntausende wurden getötet oder sind physisch wie seelisch verkrüppelt; die Massen sind
verarmt oder zu rechtlosen Flüchtlingen geworden; Städte und Dörfer werden in Trümmer gelegt - dies ist der Preis,
der gezahlt wird, um den politischen Ehrgeiz einer russischen herrschenden Klasse zu befriedigen, die sich der Stärkung und Mehrung
ihrer Herrschaft verschrieben hat.
Dieser Krieg, der in zynischer Weise als "Anti-Terror-
Operation" dargestellt wird, ist in Wirklichkeit ein Akt staatlichen Terrors großen Ausmaßes, der seinerseits zu bewaffneter
Vergeltung durch das verzweifelte tschetschenische Volk führen wird, dem alles geraubt wurde, was es besaß. Die
Streitkräfte der Föderation, die alles auf ihrem Wege niederbrennen und zerstören, werden nicht "den
Fundamentalismus mit der Wurzel ausreißen", sondern Tschetschenien sozial wie ökonomisch ins Mittelalter versinken
lassen, womit sie die Bedingungen schaffen, in denen reaktionäre radikal-islamische politische Kräfte Einfluss gewinnen.
Die Aggression gegen Tschetschenien, der Genozid an seiner
Bevölkerung verstärkt auch für die Bevölkerung Russlands die Bedrohung eines militärischen und
Polizeiregimes, der Unterdrückung der Bürgerrechte und der Aussicht auf etwas ähnlichem wie dem Belorussland eines
Lukaschenko oder einer lateinamerikanischen Diktatur. "Ein Volk, das ein anderes unterdrückt, kann niemals selbst frei sein."
Die Wahrheit dieser Worte Friedrich Engels zeigt sich heute in ihrem vollen Umfang.
Dieser Krieg hat auch katastrophale soziale und wirtschaftliche Folgen.
Kriegführung und die Errichtung eines Besatzerregimes erfordert ungeheure Ressourcen - und diese können nur aus der arbeitenden
Bevölkerung ausgepresst werden, die auch so schon zu extremer Armut verurteilt ist. Während viele Millionen im Mangel leben,
werden dutzende Milliarden Rubel für Mord und Zerstörung ausgegeben. Der Zynismus der herrschenden Klasse und ihrer
politischen Repräsentanten - der Putin, Tschubais und Sjuganow, die miteinander wetteifern, wer den Henker spielen darf - kennt
wahrlich keine Grenzen!
Die Verbrechen des russischen Imperialismus gegen alle Völker, die
er in sein militärisches Abenteuer hineingezogen hat, müssen gestoppt werden, ehe es zu spät ist. Wir setzen uns ein
für:
- ein sofortiges Ende aller militärischen Operationen und den Rückzug der Okkupationstruppen vom
tschetschenischen Territorium;
- das Recht des tschetschenischen Volkes, unabhängig über seine Zukunft zu entscheiden;
der Status Tschetscheniens muss von der eigenen Bevölkerung frei bestimmt werden, unter Beobachtung internationaler
Menschenrechtsorganisationen;
- die Zahlung ausreichender Entschädigung an alle Opfer des Krieges, unabhängig von
ihrer Nationalität, aus dem Geld, das zur Finanzierung des Krieges vorgesehen ist;
- die Bestrafung von Kriegsverbrechern auf
allen Ebenen.
Wir können nicht auf den guten Willen der russischen Politiker zählen. Und es wäre
gleichermaßen naiv, sich auf die herrschenden Kreise im Westen zu verlassen - die die Aktionen der russischen Militärmaschinerie
nur in Worten verurteilen und niemals ihre eigenen Pläne oder ihre Partnerschaft mit Russland für die Verteidigung des Lebens und
der Rechte jener, die leiden, aufgeben werden. Die militärische Barbarei kann nur durch das Anwachsen einer sozialen Protestbewegung
in Russland selbst gestoppt werden. Eine demokratische Lösung des Konflikts im Nordkaukasus kann nur durch Aktionen der
Bevölkerung von unten erreicht werden.
Mit solchen Aktionen zu beginnen und alles zu ihrer Entwicklung zu tun, das
ist die Pflicht der gesamten demokratischen und antitotalitären Linken, die einen prinzipiellen Standpunkt einnehmen: für die Ideale
der Freiheit, der sozialen Gleichheit und des Respekts für jeden Menschen, gegen die ausbeuterischen und Großmachtinteressen,
die diesen Krieg bestimmen.
Wir rufen alle Menschen mit fortschrittlichen Überzeugungen, gutem
Willen und gesundem Menschenverstand auf, soweit sie können, den Opfern des imperialistischen Abenteuers im Kaukasus zu helfen und
sich an einer Kampagne praktischer Solidarität mit dem tschetschenischen Volk, einer Kampagne gegen den Krieg zu beteiligen.
Die Alternativen unserer Zukunft sind einfach: Entweder entsteht in
Russland eine humanitäre Zivilgesellschaft oder wir werden den Polizeistaat einer Großmacht bekommen, der bereit ist, neue
Kriege zu führen, und der zu ungeheuerlichen Verbrechen fähig ist. Es ist Zeit, eine Wahl zu treffen!
Redaktion der
antifaschistischen Zeitung Tschelowetschnost
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