Sozialistische Zeitung |
Endlich passiert das, worauf alle Leserinnen und Leser sicher schon lange gewartet haben: In der SoZ wird ein
Film mit Julia Roberts besprochen. Es handelt sich um ihren neuesten Streifen Erin Brockovich, der auf einem authentischen Fall beruht. Die
echte Erin Brockovich, die an dem Fall beteiligt war, hat in dem Film eine kleine Gastrolle. Sie spielt eine Kellnerin, die ein Namensschild mit
der Aufschrift Julia trägt.
Die Story ist schnell erzählt: Eine arbeitslose, allein erziehende
Mutter von drei Kindern hat einen Verkehrsunfall. Den Prozess verliert sie. Sie nimmt einen Job bei dem Anwalt an, der ihren Fall verloren hat.
Dort stößt sie auf Klagen gegen die Firma PG&E in Hinkley, die das Grundwasser mit hochgiftigem sechswertigem Chrom
verseucht hat, woraufhin mehrere EinwohnerInnen an Krebs und anderen schweren Krankheiten erkrankt sind. Sie nimmt sich dieses Falles an
und kann letzten Endes in einem außergerichtlichen Schiedsverfahren 333 Millionen Dollar für die Geschädigten erstreiten.
Ihr Chef und ein weiterer später eingeschalteter Staranwalt haben in der Darstellung des Films nur die Rolle von Statisten.
Der Film ist ganz auf die Person von Julia Roberts zugeschnitten. Sie agiert
in diesem Film als eine Art weiblicher Robin Hood, der letztlich das Recht der kleinen Leute gegen die Mächtigen erstreitet. Es gelingt
ihr dabei, von ihrem Cinderella-Image, das ihr seit Pretty Woman anhängt, wegzukommen. Sie spielt eine Frau aus der Unterschicht,
geschieden mit drei kleinen Kindern, ohne Berufsausbildung und, zumindest zeitweilig, erwerbslos. Solche Leute werden in den USA als white
trash bezeichnet.
Es erscheint auch kein Märchenprinz, der sie aus ihrem Elend
erlöst. Vielmehr muss sie um die Anerkennung durch ihren Chef kämpfen und ihr neuer Liebhaber, ein Gelegenheitsarbeiter und
Harley-Davidson-Fahrer, ist zwar ein netter Kerl, aber kein Traumprinz. So emanzipiert sich Erin als Amateuranwältin, während
ihr Freund zu Hause als Hausmann und Babysitter weilt.
Zum Schluss ist die Welt wieder in Ordnung. Die sympathischen kleinen
Leute erhalten Geld vom Konzern, der immer von besonders fiesen Anwälten vertreten wird. Erin wird reich, ihr Chef noch reicher und
beide stürzen sich auf den nächsten Fall. Alles ist dann irgendwie doch wie im Märchen.
Der Film lebt vom Charme der Roberts und von seinen zum Teil wirklich
witzigen Dialogen. Wenn dann die gut zwei Stunden um sind, ist man ohne allzu viel Tiefgang gut unterhalten worden, rührseliger Kitsch
wurde überwiegend vermieden, und man hat ein paar gute Witze gehört. Außerdem haben die Guten gewonnen. Was will man
mehr?
Andreas Bodden