Sozialistische Zeitung

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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.8 vom 14.03.2000, Seite 15

Erin Brockovich

USA 2000, Regie: Steven Soderbergh; mit Julia Roberts und Albert Finney. (Kinostart: 6.4.2000.)

Endlich passiert das, worauf alle Leserinnen und Leser sicher schon lange gewartet haben: In der SoZ wird ein Film mit Julia Roberts besprochen. Es handelt sich um ihren neuesten Streifen Erin Brockovich, der auf einem authentischen Fall beruht. Die echte Erin Brockovich, die an dem Fall beteiligt war, hat in dem Film eine kleine Gastrolle. Sie spielt eine Kellnerin, die ein Namensschild mit der Aufschrift Julia trägt.
Die Story ist schnell erzählt: Eine arbeitslose, allein erziehende Mutter von drei Kindern hat einen Verkehrsunfall. Den Prozess verliert sie. Sie nimmt einen Job bei dem Anwalt an, der ihren Fall verloren hat. Dort stößt sie auf Klagen gegen die Firma PG&E in Hinkley, die das Grundwasser mit hochgiftigem sechswertigem Chrom verseucht hat, woraufhin mehrere EinwohnerInnen an Krebs und anderen schweren Krankheiten erkrankt sind. Sie nimmt sich dieses Falles an und kann letzten Endes in einem außergerichtlichen Schiedsverfahren 333 Millionen Dollar für die Geschädigten erstreiten. Ihr Chef und ein weiterer später eingeschalteter Staranwalt haben in der Darstellung des Films nur die Rolle von Statisten.
Der Film ist ganz auf die Person von Julia Roberts zugeschnitten. Sie agiert in diesem Film als eine Art weiblicher Robin Hood, der letztlich das Recht der kleinen Leute gegen die Mächtigen erstreitet. Es gelingt ihr dabei, von ihrem Cinderella-Image, das ihr seit Pretty Woman anhängt, wegzukommen. Sie spielt eine Frau aus der Unterschicht, geschieden mit drei kleinen Kindern, ohne Berufsausbildung und, zumindest zeitweilig, erwerbslos. Solche Leute werden in den USA als white trash bezeichnet.
Es erscheint auch kein Märchenprinz, der sie aus ihrem Elend erlöst. Vielmehr muss sie um die Anerkennung durch ihren Chef kämpfen und ihr neuer Liebhaber, ein Gelegenheitsarbeiter und Harley-Davidson-Fahrer, ist zwar ein netter Kerl, aber kein Traumprinz. So emanzipiert sich Erin als Amateuranwältin, während ihr Freund zu Hause als Hausmann und Babysitter weilt.
Zum Schluss ist die Welt wieder in Ordnung. Die sympathischen kleinen Leute erhalten Geld vom Konzern, der immer von besonders fiesen Anwälten vertreten wird. Erin wird reich, ihr Chef noch reicher und beide stürzen sich auf den nächsten Fall. Alles ist dann irgendwie doch wie im Märchen.
Der Film lebt vom Charme der Roberts und von seinen zum Teil wirklich witzigen Dialogen. Wenn dann die gut zwei Stunden um sind, ist man ohne allzu viel Tiefgang gut unterhalten worden, rührseliger Kitsch wurde überwiegend vermieden, und man hat ein paar gute Witze gehört. Außerdem haben die Guten gewonnen. Was will man mehr?

Andreas Bodden


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