Sozialistische Zeitung |
Seit gut zwei Monaten läuft unter dem Slogan "Deportation.class - gegen das Geschäft mit
der Abschiebung" eine Kampagne des bundesweiten Netzwerks "Kein Mensch ist illegal" gegen die Deutsche Lufthansa.
Abschiebungen stellen für die Lufthansa ein lukratives Geschäftsfeld dar. Die Erfolge anderer europäischer Gruppen bei
Aktionen gegen die Beteiligung von Fluggesellschaften an Abschiebungen und der Tod des sudanesischen Flüchtlings Aamir Mohamed
Ageeb am 28.Mai vergangenen Jahres gaben den Ausschlag, nun auch eine Kampagne gegen die Lufthansa zu starten.
Ageeb starb während der Abschiebung an Bord einer Lufthansa-
Maschine. BGS-Beamte hatten dem 30jährigen einen Motorradhelm aufgesetzt und ihn solange in den Sitz gedrückt, bis er erstickte.
Ageeb war nicht das erste Todesopfer in einem Flugzeug der Lufthansa: 1994 erstickte der Nigerianer Kola Bankole noch vor dem Abflug mit
einem Strumpfknebel im Mund.
Das erklärte Ziel der Kampagne ist, ein Aussteigen der Lufthansa aus
diesem Geschäftsbereich zu erreichen. In der Kampagnenzeitung heißt es dazu: "Wir werden alle Mitarbeiter der Gesellschaft
auffordern, den Transport von ‚Schüblingen abzulehnen und sie und die Fluggäste über Möglichkeiten des
Protestes gegen Abschiebungen aufklären."
Schon im März fand auf der Internationalen Tourismusmesse in
Berlin eine theatralische Protestaktion statt, bei der sich AktivistInnen als Stewardessen und Stewards der Lufthansa verkleideten. Anfang April
fanden in München und Hannover größere Aktionen an den Lufthansa-Schaltern der Flughäfen statt, in
Seeheim/Jugenheim bei Darmstadt wurde kurzzeitig das Ausbildungszentrum der Lufthansa besetzt. Nach diesen Aktionen berichtete auch die
überregionale Presse über die Kampagne .
In der Schweiz zwang der Tod des Palästinensers Khaled Abuzarifeh
auf dem Züricher Flughafen Kloten am 29.3.1999 die Swissair, wenigstens die Abschiebung "renitenter" deportees
abzulehnen. Abuzarifeh starb schon auf dem Weg zum Flugzeug - auch ihm hatten Beamte den Mund verklebt.
Noch erfolgreicher waren Proteste in den Niederlanden und Belgien:
Schon 1996 führte eine Dachbesetzung bei Martin Air am Flughafen Schiphol/Amsterdam durch niederländische AktivistInnen vom
Autonoom Centrum dazu, dass der Konzern völlig aus dem Geschäft mit den Sammelabschiebungen ausschied. Seit einigen
Monaten läuft auch eine Kampagne gegen die Fluggesellschaft KLM.
Im Herbst 1998 wurde die Nigerianerin Semira Adamu bei einem
Abschiebeversuch mit der belgischen Fluggesellschaft Sabena am Brüsseler Flughafen von den "begleitenden" Polizisten mit
einem Kissen erstickt. Eine heftige Protestwelle erzwang den Rücktritt des Innenministers und veranlasste Sabena, seither vor jedem
Abflug zu prüfen, ob die PassagierInnen mit dem Flug einverstanden sind.
Die Kampagne gegen das Geschäft mit den Abschiebungen war von
Beginn an auf eine Vernetzung europäischer Gruppen angelegt: Im Internet findet sich unter www.deportation-alliance.com die
gemeinsame Homepage von "kein mensch ist illegal" und Autonoom Centrum.
Seit die Lufthansa öffentlich in die Kritik gerät, behaupten
SprecherInnen des Konzerns, die Airline lehne Abschiebungen gegen den Widerstand der Betroffenen grundsätzlich ab und
befördere sie seit Juni 1999 nicht mehr.
Am 13.März 2000 kam es an Bord der Lufthansamaschine LH-4115
von Paris nach Berlin jedoch zu einem Zwischenfall, bei dem zwei französische Zivilpolizisten einen afrikanischen Passagier, der sich
gegen seine Abschiebung wehrte, mit heftigen Schlägen traktierten. Trotz seiner Schreie und lauter Proteste von Passagieren reagierte die
Crew erst, als der Leipziger Professor Klaus Gerd Giesen dem Kapitän mit rechtlichen Konsequenzen drohte. Daraufhin wurde die
Abschiebung abgebrochen.
"Kein Mensch ist illegal" ruft zum ersten Todestag von Ageeb
dazu auf, an Flughäfen oder Reisebüros Mahn- und Protestaktionen zu veranstalten. Am 15.Juni werden gemeinsame Aktionen mit
den "Kritischen Aktionärinnen und Aktionären" bei der Lufthansa-Aktionärsversammmlung im Internationalen
Congress-Centrum in Berlin stattfinden. Mit einer Blockade des Flughafens Berlin-Schönefeld wird am 1.Juli die Kampagne gegen das
Geschäft mit den Abschiebungen fortgesetzt.
Kölner Netzwerk "kein mensch ist illegal"
Weitere
Informationen zur Kampagne und Materialien bei: AG für Freies Fluten, Fax (06181) 184892, E-Mail AG3F@OLN.comlink.apc.org.