Sozialistische Zeitung |
Edutainment nannte KRS one vor Jahren eine seiner Produktionen mit BDP, auf der er Aufklärung
(Education) und Entertainment miteinander verbinden wollte. In diese Tradition schlüpfen zur Zeit die englischen Bands Chumbawamba
und Asian Dub Foundation (ADF). Chumbawamba bekommen nach ihrer gelungenen USA-Tournee Briefe von US-amerikanischen
Jugendlichen, die bezeugen, dass sie nach dem Besuch des Konzerts zum ersten Mal in ihrem Leben über bestimmte Dinge nachgedacht
hätten. Wie notwendig eine solche Musik auch für die BRD wäre, dokumentieren die deutschen Charts mit den Bösen
Onkelz an der Spitze.
Dr. Das, Bassist bei ADF, und Chandrasonic, Gitarren bei ADF, arbeiteten
Anfang der Neunziger beide als Musiklehrer im Stadteilprojekt Community Music. Rapper Deeder Zaman war einer der Schüler von Dr.
Das. DJ Pandit G arbeitete als Sozialarbeiter und als DJ in einem antirassistischen Sound System. Sun-J kam 1995 zur Band und kümmert
sich seit dem vor allem um das Programmieren.
Dass ADF ihre neue Produktion nach dem Projekt benannten, wo alles
begann, unterstreicht, dass sie sich nicht entfernen wollen von ihren Wurzeln, von der Arbeit in sozialen und antirassistischen Projekten, denen
sie sich bis heute zugehörig fühlen. Ihre Kritik an Bands wie Clash bewegt sich eben auf dieser Ebene: Als sich der Erfolg
einstellte, haben diese Gruppen ihr Milieu verlassen. Wie weit sich der Anspruch von ADF durchhalten läßt, bleibt abzuwarten.
Bisher ist ihr Erfolg gerade so groß, dass sie widerstehen können.
Mit Community Music haben sie ihr Konzept von Musik weiter ausgefeilt.
Das Gitarrenspiel erinnert nicht selten an Sitar-Klänge. Bass und Liedstruktur besitzen die Lässigkeit von Dub-Musik, und ab und
zu ist ein Hauch von Punkattitude zu hören. Insgesamt hat die Platte etwas von den Kanten und Ecken verloren, die bisher ihre
Produktionen kennzeichnete. Die Arrangements sind poppiger geworden. Bei ihren Texten stehen sie allerdings immer noch eher in der
Tradition der Folkmusic der 50er und 60er Jahre als bei den musikalischen Wurzeln ihrer Musik.
Das ist sicherlich auch die Brücke, die zur Gruppen die
Chumbawamba geschlagen werden kann. Während diese allerdings mit ihrem neuen Album WYSIWYG relativ einfallslos daherkommen,
überraschen ADF in vielen Liedern mit kleinen Leckerbissen, und die Vielfalt der Einflüsse garantiert eine abwechslungsreiche
Musik, auch wenn einige Stücke wie z.B. "Collective Mode" zu sehr nach Ethno-Pop à la Dissidenten klingen.
Schön dagegen, wie in "The Judgement" bei Morricone geliehen wurde.
Ob sich der große Erfolg mit dieser CD einstellt, bleibt abzuwarten.
Das Zeug dazu hätte sie, vor allem vor dem Hintergrund, dass ihre erste Veröffentlichung in die Hochzeit des Brit Pop fiel, als nur
eingeschworene Dub-Fans sich einen solchen Musik-Mix angehört haben. Heute ist die Situation etwas anders, Dub ist etabliert und die
Verfeinerung dieser Musik durch ragga-jungle rhythms und Sitar inspirierte Gitarren ist bei weitem nicht mehr so randständig wie vor
fünf Jahren.
DJ Tommy