Sozialistische Zeitung |
News from within, herausgegeben vom Alternativen Informationszentrum in Jerusalem, veröffentlichte
im Mai 2000 einen Artikel von Ephraim Davidi, der sehr realistisch "Israels Wirtschaftsstrategie für die palästinensischen
Unabhängigkeit" darstellt. Er zitiert aus einer für die israelische Armee erarbeiteten Wirtschaftsstudie über die
besetzten palästinensischen Gebiete von 1992 folgenden Passus: "Es ist ganz gleich, ob ein palästinensischer Staat entsteht,
ob Israel den Palästinensern Autonomie aufzwingt, oder sich die (besetzten) Gebiete selbst einverleibt. Die wirtschaftliche Lösung
ist immer die gleiche: Fortsetzung der freien Bewegung von Waren, Kapital und Arbeit zwischen einerseits der Westbank und Gaza und
andererseits Israel."
Dov Lautmann, Vorsitzender des israelischen Unternehmerverbands, hat
1993 erklärt, die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Staaten Israel und Palästina sollten an das
"Freihandelsabkommen" angepasst werden, das "zwischen Mexiko und den USA besteht". Also das sog. NAFTA-
Abkommen, das ein Abkommen zwischen völlig ungleichen Partnern ist. Davidi kommt zur Schlussfolgerung: "Die israelische
herrschende Schicht sieht sich selbst als regionale Wirtschaftsmacht, die sich auf Hightechindustrie konzentriert." In ihrer Sicht
können sich arbeitsintensive Industrien an der Peripherie Israels ansiedeln, und die israelischen Hightechindustrien können
durchaus von Auslandsmärkten wie den USA abhängen oder Eigentümern aus dem Ausland gehören.
Wenn wir hinzufügen, dass Israel Atomwaffen besitzt, könnte
es durchaus regional für den globalisierten Kapitalismus die gleiche wirtschaftliche und militärische Rolle spielen, die die USA
heute weltweit spielen. Vor allem, wenn Israel Verbündete in der herrschenden Schicht der Palästinenser findet, die bereit
wären, sich mit einer "Dritten Welt" abzufinden.
Prekär wird die Lage sowohl für die USA als auch für
die Herrschenden im Vorderen Orient, wenn in der "Dritten Welt" und in der eigenen Arbeiterklasse revoltierende Kräfte
aufstehen, die sich nicht mehr mit den ihnen zugedachten Opferrolle abfinden wollen. Nicht nur in den Straßenkämpfen, in denen
sich Palästinenser mit den in israelischen Gefängnissen hungerstreikenden politischen Gefangenen solidarisierten, sondern auch in
Streikkämpfen von Israelis, die in der Histadruth organisiert sind, gibt es Anzeichen dafür, dass die Macht der Mächtigen auf
einem Boden ruht, der langsam, sehr langsam in Bewegung gerät. Man braucht kein Prophet zu sein, um vorauszusagen, dass die
wichtigste Voraussetzung für erfolgreiche Kämpfe in der Dritten Welt soziale Erschütterungen in der Ersten Welt
sind.