Sozialistische Zeitung |
Die SoZ-Konferenz, die jährlich in der Mitte des Jahres stattfinden soll, dient einem doppelten Zweck:
Sie soll zum einen ein Thema aufgreifen und zur Diskussion stellen, das einen breiteren Kreis von Linken interessiert und für ihre
strategische Entwicklung von Bedeutung ist. Zum zweiten sollen dort praktische Fragen im Umgang mit der SoZ diskutiert werden, die der
Verbesserung und stärkeren Verbreitung des Produkts dienen.
Die SoZ-Konferenz Anfang Juni hatte inhaltlich das Thema
"Parteienkrise". Ausgehend vom Korruptionsskandal, der die CDU erschüttert hat, der zunehmenden Abwendung von
WählerInnen und dem wachsenden Desengagement vor allem junger Leute gegenüber politischen Parteien bestand das
Bedürfnis, die Struktur der Parteiendemokratie aufzuarbeiten und ihre Krise in einen Zusammenhang mit den gesellschaftlichen
Veränderungen seit dem Krieg und nochmals seit den 60er Jahren zu stellen. Dabei ging es vor allem um die beiden großen
"Volksparteien" CDU und SPD, wobei die Krise der Union im Mittelpunkt stand.
Das Referat, das der Debatte zugrunde lag, wird nach der Sommerpause als
SoZ-Thema veröffentlicht.
Daran schlossen sich erste Thesen über die Frage an, ob die
Parteiform noch eine aktuelle Form der Organisation von gesellschaftlichen Interessen sei. Die Antwort darauf ist nicht einfach, weil die
aktuelle Krise der Parteiform nichts darüber aussagt, dass dieses Instrument der Einflussnahme auf die Gesellschaft und ihre
Willensbildung umstandslos durch andere ersetzt werden könnte. Möglicherweise macht man es sich zu einfach, wenn man aus der
abnehmenden Glaubwürdigkeit und Attraktivität der bestehenden Parteien die Ablehnung einer solchen Organisationsform tout
court folgert. Es besteht auch die Gefahr, populistischen und rechten Reaktionen auf den Leim zu gehen, die schon von ihrem
Grundverständnis her die Parteien als die Gesellschaft spaltendes Moment ablehnen und stattdessen die Einheit des
"Volkskörpers" beschwören.
Die aktuelle Krise der Parteiform und der Unwillen vieler politisch
interessierter Menschen, sich in Parteien zu engagieren, muss demzufolge genauer auf das Verhältnis zwischen Partei und Gesellschaft
untersucht werden. Hier gibt es erheblichen Aufarbeitungsbedarf, sowohl was die sozialdemokratische als auch was die kommunistische
Tradition betrifft.
In der Diskussion stellte sich ein recht breiter Konsens heraus, dass ein
emanzipatorisches Parteiverständnis von dem Moment der Selbstorganisation ausgehen und jedes Element von Instrumentalisierung
anderer gesellschaftlicher oder politischer Kräfte für die eigenen Ziele ablehnen muss. Bezogen auf die Diskussion darüber,
was ein Ansatz für eine (letztlich auch parteipolitische) Neuformierung sozialistischer Kräfte sein kann, war sich die Runde darin
einig, dass es derzeit keine Partei gibt, die für sich beanspruchen kann, einen solchen Ansatz darzustellen. Ausdrücklich ist dies
auch die PDS nicht; dieser Partei geht sogar mehr und mehr die Fähigkeit ab, überhaupt das Problem einer sozialistischen
Neugründung zu stellen, bei der das Verhältnis zwischen Partei und Gesellschaft grundlegend neu reflektiert würde. Das
bedeutet aber auch, dass es für parteipolitische Neuformierungen gesellschaftliche Voraussetzungen in Form sozialer Bewegungen geben
muss, die nach einer solchen Organisationsform drängen. Davon ist heute nichts zu spüren. Im Gegenteil, es bedarf eines
großen Aufwands, selbst die elementaren Formen von Widerstand und Selbstorganisation in den verschiedenen gesellschaftlichen
Bereichen aufrechtzuerhalten und zu entwickeln. Die Thesen haben deshalb vor allem die Bedeutung der Entfaltung sozialer Bewegungen und
internationaler Entwicklungen für parteipolitische Neubildung hervorgehoben.
Eine gesonderte Debatte über die Situation in der PDS nach dem
Parteitag verdeutlichte noch einmal die Schwierigkeiten, über grundlegende Orientierungen der Partei überhaupt eine Diskussion zu
organisieren.
Die Thesen waren ein erster Anfang für die Debatte; sie werden
überarbeitet und dann als Diskussionsbeitrag zur Verfügung gestellt.
Ein konkretes Resultat der Debatte war das Ziel, auf dem kommenden
Kleinen Ratschlag der VSP im September mit einer Selbstverständnisdiskussion zu beginnen, die formuliert, was sich die aktiven
Mitglieder mittelfristig an gemeinsamen Aufgaben vornehmen. Ziel ist, einen entsprechenden Entwurf dem Großen Ratschlag der VSP im
Dezember vorzulegen.
Der praktische Teil der Diskussion konzentrierte sich auf die Finanzlage
und die Zusammenarbeit mit dem Verein Memento. Dank der Anstrengungen der Leserinnen und Leser der SoZ und der VSP-Mitglieder
ermöglicht die Haushaltslage das - mit wenigen Einschränkungen unverändete - Erscheinen der SoZ. In der
Auseinandersetzung um die Frage, ob die SoZ nicht besser monatlich erscheinen soll, wurde die Notwendigkeit unterstrichen, dass die SoZ in
konkreten Bewegungen eine nützliche und aktive Rolle spielt. Nur so wird sie auch eine neue Leserschaft binden können.
Dafür scheint derzeit der 14-tägige Erscheinungsrhythmus als unverzichtbar. Abschließend wollen wir diese Frage, die
natürlich auch mit unterschiedlichen Organisationsverständnissen zu tun hat, auf dem Großen Ratschlag der VSP im
Dezember beraten.
Eine engere Zusammenarbeit mit dem Verein Memento ergibt sich aus dem
Wunsch, für solche Leserinnen und Leser der SoZ, die keinen organisierten Zusammenhang wünschen, ein Forum des Austauschs
bereitzustellen. Wie das Verhältnis im Einzelnen auszusehen hat, darüber soll der VSP-Ratschlag im Dezember befinden.
Unterdessen ermuntern wir unsere LeserInnen dazu, dem Verein Memento beizutreten.
Die Konferenz schloss mit einem Überblick über eine Reihe
von praktischen Initiativen, in denen Mitglieder der VSP heute tätig sind.
Der Kleine Ratschlag der VSP findet am 17.September in Köln statt.
Der Große Ratschlag der VSP findet am 16. und 17.Dezember in Köln statt.
Angela Klein