Sozialistische Zeitung

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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.13 vom 22.06.2000, Seite 2

Ein Koalitionsvertrag der Neuen Mitte

Totale Wirtschaftsgesellschaft

von BasisGrünLinks NRW*

BasisGrünLinks ist ein Zusammenschluss von linken Grünen und Ex-Grünen im Rahmen des bundesweiten Netzwerks von BasisGrün.

Mit dem neuen Koalitionsvertrag wird der Umbau des Landes nach dem neoliberalen Konzept der Neuen Mitte beschleunigt vorangetrieben. Die im Koalitionsvertrag beschriebene "Allianz für Nordrhein-Westfalen" ist weniger eine zwischen Parteien, als eine von Politik und Wirtschaft. Es bedürfte keiner erheblichen Änderungen, um den Vertrag auch für "Rot"-Gelb passend zu machen.
Der Kurs ist quer durch alle wesentlichen Politikfelder klar auf das zentrale Ziel ausgerichtet, die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts NRW zu stärken und ein möglichst hohes Wachstum zu erreichen…
Dass dies mit weiteren Gefährdungen unserer ökologischen Lebensgrundlagen einhergeht und angesichts der empirisch längst belegten Entkopplung von Wachstum und Beschäftigung im shareholder-value-Kapitalismus keine Perspektive zur Überwindung der Massenerwerbslosigkeit bieten kann, spielt da keine Rolle mehr. Statt dessen bekennen sich jetzt auch Grüne zur Zukunft der Klimakiller: zur Braunkohle als "Grundlage unserer Energieversorgung" und zum weiteren Ausbau von Straßen- und Luftverkehr, damit "die Wirtschaft ihre Mobilitätsbedürfnisse umfassend wahrnehmen" kann. Gemeinsam will man die risikoreichen Gen- und Nanotechnologien fördern. Ökologie hat im Zweifelsfall hinter Wirtschaftsinteressen zurückzustehen und wird eher zur Nischenpolitik.
Dazu trägt auch die für alle Bereiche verallgemeinerte Strategie des Konsenses mit der Wirtschaft bei - sei es in großen Konsensrunden oder in Form der private-public-partnership…
Die zur "nachhaltigen Finanzpolitik" geweihte Sparpolitik wird massiv verschärft… Sämtliche finanzwirksamen Aussagen des Koalitionsvertrags stehen unter "Finanzierungsvorbehalt". Was davon tatsächlich zum Zuge kommt, bestimmen die interessenpolitischen Kräfteverhältnisse in künftigen Haushaltsberatungen. Spielraum für neuen Investitionen und für die beabsichtigte Milderung des chronischen LehrerInnenmangels an den Schulen soll durch Kürzungen der "konsumtiven" Ausgaben geschaffen werden … Damit ist programmiert, dass Sozialpolitik zur Verliererin verschärfter Verteilungskämpfe wird. […]
Eine Wendung gegen zweit- und drittklassige Arbeitsmärkte wie im Koalitionsvertrag 1995 kommt nicht mehr vor… Arbeitszeitpolitik soll jetzt ausdrücklich "wettbewerbsorientiert" stattfinden. […]
Auf die chronische Unterfinanzierung der Hochschulen antwortet man u.a. mit der Öffnung für "private Berufsakademien" und "privat finanzierte Lehrstühle". […]
"Bürgerschaftliches Engagement" und "privat- öffentliche Allianzen" sollen die Lücken füllen, die der gewollte Rückzug des Sozialstaats zugunsten der "Eigenverantwortung" hinterlässt…


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