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Das war nach zwei Tagen - was hätten wir in fünf Tagen geschafft?", so die Frage eines
Arbeiters der Opel-Werke in Bochum, deren Belegschaft am 14. und 15.Juni die Arbeit niedergelegt hatte. Einige der 17 europäischen
Betriebe von General Motors, dem Opel-Eigner, mussten schon nach zwei Tagen Produktionsausfälle verzeichnen, weil die Werke in
Bochum wichtige Zulieferteile für viele Produktionstätten des Konzerns herstellen.
Hintergrund des Arbeitskampfes stellte die geplante Zusammenarbeit
zwischen dem US-Konzern General Motors und dem italienischen Automobilhersteller Fiat dar. Mit sogenannten Joint Ventures sind
betriebliche Ausgründungen geplant und die Beschäftigten befürchten Personalabbau sowie Druck auf Löhne und
Sozialleistungen. Die Konzernleitung hielt Informationen über die Folgen der Zusammenarbeit zurück. Auch die Politik der
Betriebsratsmehrheit, die in den vergangenen Jahren schon des öfteren Verzichtsvereinbarungen mit der Konzernleitung verabredet hatte,
ohne die Belegschaft zu informieren, hat Misstrauen gesät. "Es hat nun den Anschein, als ob sie aus dieser Erfahrung heraus sehr
genau auf ihr Recht auf Information pocht", resümiert Labournet, ein Internet-Informationsdienst für Betriebs- und
Gewerkschaftslinke.
Mit ihren Befürchtungen lagen die mehreren tausend
Beschäftigten der Opel-Werke in Bochum richtig. Gegenüber der Taz-NRW bestätigte der stellvertretende Vorsitzende der
Opel AG, dass für das Werk in Bochum Personalabbau geplant sei. Allerdings nannte er keine Zahlen und beteuerte, der Abbau
stünde nicht im Zusammenhang mit der Fiat-Allianz.
Nachdem den Beschäftigten bereits am Abend des ersten Streiktages
eine Rahmenplan-Richtlinie vorgelegt worden war, steigerte sich sich ihr Unmut. Die Konzernleitung wollte Löhne und Gehälter
bei einem Wechsel in die Joint Ventures für fünf Jahre garantiert unverändert lassen, die Betriebsrente nicht antasten und
"keine betriebsbedingten Kündigungen im Zusammenhang mit den Joint Ventures" vornehmen.
Doch viele KollegInnen der Bochumer Werke richteten sich
grundsätzlich gegen geplante Ausgründungen. "Keine GmbH und Schluss", lautete ihre Reaktion auf den Rahmenplan.
Den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen hätte die Belegschaft sowieso im Standortsicherungsvertrag - und sei trotzdem
immer weiter geschrumpft. "Wir haben die Schnauze voll", tönte es auf dem Betriebsgelände. Während auch in
der Nacht weiter gestreikt wird, kommen die ersten Meldungen von Produktionsausfällen aus Antwerpen und Eisenach.
Am nächsten Morgen konterte die Werksleitung. In
Flugblättern, die vor den Toren an die Frühschicht verteilt wurden, drohte sie eine komplette Schließung der Bochumer
Produktionsstätte an. "Dem Unternhmen und seinen Mitarbeitern ist durch die bisherigen Streiks bereits ein erheblicher Schaden in
der Öffentlichkeit und auch innerhalb des Konzerns entstanden ... Falls ein ordnungsgemäßer Betriebsablauf nicht zu
gewährleisten ist, müssen wir auch in Betracht ziehen, die Bochumer Produktionsstätten zu schließen", hieß
es wortwörtlich.
Am späten Nachmittag treffen erste Nachrichten von
Produktionsausfällen in Liverpool und Ellesmere Port ein. Die Beschäftigten der britischen Werke sind "begeistert
über die Bochumer" und schicken Solidaritätsgrüsse, berichtet Labournet. Offenbar sah sich die Konzernleitung zu
schnellem Handeln gezwungen: Bereits in der Nacht legt sie einen Verhandlungskompromiss vor, der die Zustimmung eines Großteils der
Belegschaft findet. Die gute Nachricht lautete "grünes Licht aus Detroit für die unbefristete Lohn- und Gehaltsgarantie
für alle in die GmbHs wechselnden KollegInnen", so das Labournet. Ausserdem wird General Motors an den neu zu
gründenden Unternehmen nicht mehr wie geplant mit 50%, sondern lediglich mit 30% beteiligt sein. Durch die 20%, die der Opel AG
bleiben, können nach europäischem Recht die Beschäftigten der GmbHs weiterhin vom Opel-Betriebsrat vertreten werden
und haben so eine größere Einflussmöglichkeit.
"Wir bleiben eine Belegschaft, ein Betriebsrat", so das
vorläufige Resumée. Das die Ausgründungen nicht auch verhindert werden konnten, schmeckt nicht allen KollegInnen.
Einige kritisierten, dass man nicht in einem gemeinsamen Treffen aller Werke und aller Schichten abgestimmt hatte, denn schließlich
"haben wir doch auch gemeinsam begonnen!". Viele waren aber auch der Ansicht, mehr sei nicht zu erreichen gewesen, denn
"rechtlich ist die Joint Venture nicht aufzuhalten" und sei "die Zukunft der Kinder abgesichert". Gerade dies, so
Labournet, ist jedoch zu bezweifeln, denn die Garantien beziehen sich nur auf die aktuelle Opel-Belegschaft, die bald in eine GmbH wechseln
werden; "damit scheint eine Spaltung gegenüber den später in die GmbHs eintretenden KollegInnen gesichert".
gk
Weiter Informationen unter: http://www.labournet.de