Sozialistische Zeitung

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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.17 vom 17.08.2000, Seite 2

Nach dem Düsseldorfer Anschlag

Gewerkschaften blamieren sich

Der Anschlag mit einer umgebauten Handgranate am S-Bahnhof Düsseldorf-Wehrhahn hat die ganze Stadt in Angst und Schrecken versetzt. Solch eine Tat war vorher kaum für möglich gehalten worden. Durch sie wurden zehn Menschen verletzt, zwei davon lebensgefährlich; bei diesen beiden handelt es sich um ein Ehepaar. Die Frau war schwanger und verlor beim dem Anschlag den Embryo. Alle Verletzten waren "Aussiedler" aus Russland. Nachdem bekannt wurde, dass sechs von ihnen jüdischen Glaubens sind, wurde für die Öffentlichkeit immer wahrscheinlicher, dass der Anschlag von Faschisten verübt worden war.
Die Düsseldorfer Polizei sah sich aufgrund der Stimmung in der Bevölkerung gezwungen, diesen Spuren nachzugehen. Die Vernehmung eines Militariahändlers, in dessen Laden sich die Nazis die Klinke in die Hand geben, ergab aber keinen hinreichenden Tatverdacht.
Besonders peinlich waren in diesem Zusammenhang die Pressemitteilungen der Polizei, die behaupteten, der Händler habe keine Verbindungen zur rechtsextremen Szene. Dies musste dann von der örtlichen Antifa richtiggestellt werden. Bis heute (14.8.) hat die Polizei keine heiße Spur und es wird weiter in alle Richtungen ermittelt - was immer das heißen mag.
Am 5.August gab es in Düsseldorf eine Demonstration gegen den Nazi-Terror und für die Zerschlagung der faschistischen Strukturen. Aufgerufen hatten der Antifa-Koordinierungskreis, die PDS und viele Antifa-Initiativen aus der Umgebung von Düsseldorf. Nach etlichen Mühen schlossen sich kurz vor der Demonstration noch die jüdische Gemeinde, die SPD-Ratsfraktion und die Grünen dem Aufruf an.
Nur die Gewerkschaften glänzten durch Abwesenheit - sowohl unter dem Aufruf als auch auf der Demonstration. Mit gut 2000 Teilnehmenden wurde die Demonstration zu einem Erfolg für die AntifaschistInnen.
Für den 12.August hatte das Nationale Infotelefon (NIT, eine Informationsstruktur der Neonaziszene) zu einer Demonstration gegen Presseterror und Vorverurteilung in Düsseldorf aufgerufen. Die ganze Woche davor wurde im Internet für diese Demonstration mobilisiert. Am 10.August wurde sie angemeldet, am 11.August verboten. Die Antifa-Szene bereitete Gegenmobilisierungen vor, sie wurden aber abgeblasen als klar wurde, dass die Nazis nicht in der Lage sein würden, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. An dem vorgesehenen Sammelpunkt der Nazis versammelten sich am 12.August ca. 30 AntifaschistInnen, um die Bevölkerung zu informieren. Von den Nazis war niemand zu sehen.
Korr.Düsseldorf

P.S.: Am 12.August wollte die NPD in Karlsruhe vor dem Bundesverfassungsgericht demonstrieren. Der Mannheimer Verwaltungsgerichtshof hat diese Demonstration verboten. Ein breites Aktionsbündnis aus Antifa-Gruppen, DKP, PDS, Bündnisgrünen, VVN, unterstützt vom DGB-Kreis, bereitete trotz der Kürze der Zeit eine Gegenaktion vor. Trotz des Verbots der NPD-Demo hielten die Stadt Karlsruhe und die Polizei bis zum Schluss daran fest, dass die Gegendemonstration nicht durch die Innenstadt ziehen durfte; sie verletzten damit das Demonstrationsrecht. Erst ganz zum Schluss der Demonstration gelang es, dem Leiter des Ordnungsamts die gerichtliche Auflage vorzulesen. Erst dann lenkte er ein und die Abschlusskundgebung konnte in der Innenstadt stattfinden.
Antifaschistische Demonstrationen gab es am selben Wochenende auch in einer Reihe anderer Städte; herausragend München mit 3000 und Zwickau mit 2000 Teilnehmenden.



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