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Bisher waren die Delikte "Volksverhetzung" oder "Verwendung von Kennzeichen
verfassungswidriger Organisationen" nur strafrechlich zu verfolgen. Das soll nun nach dem Willen des sächsischen
Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf anders werden, der "politische Umweltverschmutzung" künftig auch zivilrechtlich
verfolgen lassen will.
Biedenkopf will daraus eine Allzweckwaffe machen, die sich gegen "alle
Formen des Extremismus" wendet - also auch gegen Linke. Das Mitte August in der FAZ vorgestellte Konzept sieht vor, dass
Bürger und Verbände sich mit Unterlassungsansprüchen vor "unzumutbaren Belästigungen" schützen
können. Der besondere Reiz dieser Maßnahme liegt in der "finanziellen Austrocknung", denn bei einer Missachtung
können schon Amtsgerichte bis zu 500000 DM Ordnungsgelder verhängen.
Eine derartige "Einbeziehung der Bürger in den Kampf gegen
Rechtsextremismus", die eines der erklärten Ziele dieses Gesetzesvorhabens ist, das Ende dieses Jahres im Bundesrat eingebracht
wird, birgt Gefahren, die je nach politischer Stimmungslage deutlich zutage treten können. Betrachtet man bspw. die jüngsten
Studien und Analysen, ist der Anteil der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland während der vergangenen Jahre beträchtlich
angewachsen. In diesem Kontext wird ein zivilrechtliches Vorgehen "gegen Extremisten" eher in neue Vereinsgründungen
münden, die den Charakter nationalsozialistischer Nachbarschaftsvereine bekommen.
Zudem dürfte es wohl selbst rechtstaatlichen Ansprüchen kaum
genügen, dass sich nur ein Bürger oder Verband von einer konkreten Äußerung oder Handlung
"gestört" oder "bedroht" fühlen muss, um diese zivilrechtlich verbieten zu können. Diese Art der
Bestrafung könnte sich unter bestimmten gesellschaftlichen Vorzeichen schnell gegen die richten, die sie zu schützen vorgibt. Da
genügt ein Blick zurück an den Anfang der 90er Jahre, als mit Hilfe von Politikern und Massenmedien eine regelrechte Hysterie
gegen Asylbewerber erzeugt wurde.