Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.18 vom 31.08.2000, Seite 2

Biedenkopf

Zivilrechtlich gegen Extremismus

von GERHARD KLAS

Bisher waren die Delikte "Volksverhetzung" oder "Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen" nur strafrechlich zu verfolgen. Das soll nun nach dem Willen des sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf anders werden, der "politische Umweltverschmutzung" künftig auch zivilrechtlich verfolgen lassen will.
Biedenkopf will daraus eine Allzweckwaffe machen, die sich gegen "alle Formen des Extremismus" wendet - also auch gegen Linke. Das Mitte August in der FAZ vorgestellte Konzept sieht vor, dass Bürger und Verbände sich mit Unterlassungsansprüchen vor "unzumutbaren Belästigungen" schützen können. Der besondere Reiz dieser Maßnahme liegt in der "finanziellen Austrocknung", denn bei einer Missachtung können schon Amtsgerichte bis zu 500000 DM Ordnungsgelder verhängen.
Eine derartige "Einbeziehung der Bürger in den Kampf gegen Rechtsextremismus", die eines der erklärten Ziele dieses Gesetzesvorhabens ist, das Ende dieses Jahres im Bundesrat eingebracht wird, birgt Gefahren, die je nach politischer Stimmungslage deutlich zutage treten können. Betrachtet man bspw. die jüngsten Studien und Analysen, ist der Anteil der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland während der vergangenen Jahre beträchtlich angewachsen. In diesem Kontext wird ein zivilrechtliches Vorgehen "gegen Extremisten" eher in neue Vereinsgründungen münden, die den Charakter nationalsozialistischer Nachbarschaftsvereine bekommen.
Zudem dürfte es wohl selbst rechtstaatlichen Ansprüchen kaum genügen, dass sich nur ein Bürger oder Verband von einer konkreten Äußerung oder Handlung "gestört" oder "bedroht" fühlen muss, um diese zivilrechtlich verbieten zu können. Diese Art der Bestrafung könnte sich unter bestimmten gesellschaftlichen Vorzeichen schnell gegen die richten, die sie zu schützen vorgibt. Da genügt ein Blick zurück an den Anfang der 90er Jahre, als mit Hilfe von Politikern und Massenmedien eine regelrechte Hysterie gegen Asylbewerber erzeugt wurde.


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