Sozialistische Zeitung |
Die Befürworter der Verwendung "Genetisch Modifizierter Organismen" (GMOs) bei der
Nahrungsmittelproduktion geben sechs Hauptgründe dafür an, warum GMOs erforderlich seien. Alle sechs sind falsch und bewusst
irreführend.
Mythos 1: GMOs sind nötig für die "Welternährung".
Die Menschen
hungern, weil sie arm sind, nicht weil es nicht genug Nahrung gibt. Und wenn sie es sich nicht leisten können, herkömmliche
Nahrung zu kaufen, werden sie kaum in der Lage sein, genetisch manipulierte Nahrung zu kaufen.
Die Nahrungsproduktion wächst weltweit etwa genau so wie die
Weltbevölkerung, aber die Bauern werden von ihrem Land gedrängt, damit lukrative Produkte wie Kaffee und Kakao angepflanzt
werden können, um die Forderungen der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu befriedigen. Die wachsende
Konzentration der Nahrungsmittelproduktion in den Händen transnationaler Konzerne, die durch die verbreitete Anwendung von GMOs
gefördert wird, wird dies nur noch verschlimmern.
GMO-Befürworter behaupten, dass genetische Veränderungen
ertragreiche Ernten lieferten, aber der Begriff "ertragreich" bezieht sich hierbei nur auf die bei einer spezifischen Ernte produzierte
Menge. Ein nachhaltigeres Konzept von "Ertrag" würde sich auf die Anzahl der Menschen konzentrieren, die mit einer
vielfältigen und nahrhaften Ernährung versorgt werden, ohne Beeinträchtigung des Farmlands.
Mythos 2: Die
Verwendung von GMOs dient dem Wohl der Farmer.
Laut der US-amerikanischen National Academy of Science sind durch genetische
Veränderung herbizidresistent gemachte Sojabohnen weniger ertragreich als konventionell gezüchtete Varianten. Die
Ernteerträge waren bei genmanipulierten Pflanzen um 6-10% niedriger.
Die Behauptungen, dass der Bedarf an Herbiziden mit der Anwendung von
herbizidresistentem Saatgut zurückgehen wird, hat sich ebenfalls als unbegründet erwiesen. Stattdessen hat die Anwendung des
Herbizids "Roundup" um das Zwei- bis Zehnfache zugenommen.
Wissenschaftler sind der Auffassung, dass der Produktivitätsrückgang an
der Genmanipulation liegt, die die Effizienz verringert, mit der die Pflanzen die Energie ausnutzen, da der mit den eingefügten Genen in
genmanipulierten Pflanzen verbundene Energieverbrauch nicht entsprechend den Bedürfnissen der Pflanze reguliert wird.
Die Förderung von GMOs wird die Abhängigkeit der Bauern von den
riesigen Konzernen des Agrobusiness verschärfen. Die Bauern - auch die der sog. Ersten Welt - arbeiten mit sehr geringen
Gewinnspannen aber mit hohen laufenden Kosten für Maschinen, Lagerung, Dünger usw. Die GMOs werden diese Kosten
erhöhen. Die Verwendung von bspw. herbizidresistenten Pflanzen bedeutet für die Farmer, dass sie für das genmanipulierte
Saatgut mehr bezahlen müssen und dann gezwungen sind, ein spezielles Herbizid von einem spezifischen Agrobusinesskonzern zu
beziehen. Die Biotech-Unternehmen entwickeln außerdem genmanipulierte Pflanzen, deren Samen nach ein oder zwei Generationen steril
wird, so dass die Farmer ständig neues Saatgut kaufen müssen.
Mythos 3: Die bei der Genmanipulation angewandte
Technik ist präzise.
Biotech-Unternehmen behaupten, dass die Gentechnik so präzise arbeitet, dass ein Gen, das eine
besondere Eigenschaft hervorbringt, identifiziert und in die Desoxyribonukleinsäure (DNA) der neuen Zelle eingefügt werden kann,
die dann diese Eigenschaft aufweist.
Es gibt zwei Haupttechniken zur Einfügung neuer Gene in die Zelle eines
Organismus. Bei der einen wird das genetische Material an kleine Goldpartikel gebunden, die wie "Schrotkugeln" in die Zellen
"geschossen" werden. Die andere benutzt einen "Vektor", bei dem ein nichtaktiviertes Virus verwendet wird, um das
genetische Material in die Wirtszelle zu transportieren. In keinem Fall ist der Biologe fähig, die Richtung zu bestimmen oder auch nur zu
wissen, wo das genetische Material in der DNA des Wirts platziert wird.
Sie verwenden antibiotische Widerstandsgene als Teil des eingefügten
genetischen Materials, so dass die genetisch modifizierte Zelle ausgewählt werden kann, indem die Zellkultur mit Antibiotica behandelt
wird, damit alle Zellen abgetötet werden, die nicht das in ihrer DNA eingefügte genetische Material aufweisen. Dies bedeutet
jedoch nicht, dass die aus dieser Prozedur hervorgegangene Zelle immer das gewünschte Resultat ist: es kann so ziemlich alles dabei
passieren.
Der Biotech-Riese Monsanto hat Daten veröffentlicht, die zeigen, dass
zusätzliches genetisches Material in ihre genmanipulierten Sojabohnen eingefügt worden ist. Darüber war in den
ursprünglichen Anträgen für die Zulassung dieser Produkte nicht berichtet worden und dies straft die Behauptungen der
entsprechenden Behörden Lügen, dass sie rigorose Sicherheitsuntersuchungen anstellen.
Mythos 4: GMOs sind
sicher.
Niemand weiß wirklich, ob GMOs sicher sind oder nicht - darüber wurde zu wenig gearbeitet, und noch weniger
ist der Öffentlichkeit vorgelegt worden. Jüngst veröffentlichte die Zeitschrift Science eine Untersuchung, die nahelegte, dass
es nur sehr wenige veröffentlichte Berichte gibt, die experimentell erstellte Daten aufweisen. Die Mehrzahl der Berichte enthält
laut dieser Untersuchung lediglich die Meinung der Autoren, die ihren Glauben ausdrücken, dass genmanipulierte Nahrung sicher sei,
ohne jedoch dies durch experimentelle Daten zu belegen.
Einer der wenigen veröffentlichten Berichte, der experimentell erstellte Daten
erhält, berichtet von genmanipulierten Kartoffeln, die ein Lektin enthalten, das eine toxische Wirkung auf die Organe von Ratten hat, u.a.
auf das Gehirn und das Immunsystem. Ähnliche Tests bei Ratten mit nicht genmanipulierten Kartoffeln hatten nicht dieses Resultat.
Der Leiter der Untersuchung, Dr. Arpad Pusztai, verlor seinen Job, nachdem er das
Experiment in einem Fernsehinterview erwähnt hatte. Seine Kritiker behaupten, dass seine Arbeit nie von Fachkollegen
überprüft worden sei, doch der Bericht in Science fand auch heraus, dass keiner der von den Biotech-Unternehmen
veröffentlichten Artikel entsprechend überprüft worden war.
Mythos 5: Gentechnik beinhaltet eine nur geringe oder
gar keine Gefahr, dass Gene auf entfernt verwandte Organismen übertragen werden.
Professor Hans-Hinrich Kaatz vom Institut
für Bienenforschung an der Universität Jena experimentierte drei Jahre lang über die Auswirkungen von genmanipuliertem
Rapssamen auf Honigbienen und fand Gentransfer auf Bakterien und Pilze im Verdauungstrakt der Bienen.
Mit Pollen, der von Bienen entnommen wurde, die sich frei im Bereich der
genmanipulierten Pflanzen aufgehalten haben, wurden im Laboratorium junge Honigbienen gefüttert. Der Inhalt des Darms der jungen
Bienen wurde dann kultiviert und die Mikroorganismen wurden analysiert: die manipulierten Rapsgene befanden sich in diesen
Mikroorganismen.
Weil GMOs durch die Einfügung eines fremden Gens in das Genom der
Pflanze geschaffen werden und nicht durch Züchtung, ist es wahrscheinlicher, dass dieses fremde Gen dank der Reparatur der DNA und
anderer selbstkorrigierender Mechanismen der Zellen in die Umwelt gelangt.
Mythos 6: Die Förderung der Gentechnik hat
nichts zu tun mit der Gier und dem Eigennutz besonderer transnationaler Konzerne.
Egal, was die Regulationsbehörden denken
(oder der Öffentlichkeit erzählen), die an GMOs beteiligten transnationalen Konzerne werden Wege finden, die
Einschränkungen zu umgehen, die ihnen auferlegt werden.
Eine zum Konzern Monsanto gehörende Chemiefabrik in Anniston (Alabama)
produzierte 70 Jahre lang Polychlorbiphenyle (PCB). Interne Memoranden haben gezeigt, dass die Gesellschaft von der Freisetzung der
toxischen Bestandteile seit den 60er Jahren wusste, aber nichts anderes tat, als diese Informationen in den nächsten zwanzig Jahren zu
unterdrücken. Die Gifte verursachten Krebs und andere Krankheiten bei Menschen und Tieren, die in der Umgebung der Fabrik lebten.
Ein kürzlicher Bericht von EcoStat für Greenpeace deutet an, dass die
Studien der transnationalen Konzerne über die GMOs, die sie herausbringen wollen, so "armselig konzipiert" sind, dass
"faktisch keine Chance besteht, unerwünschte ökologische Auswirkungen zu beobachten".
Die Verfechter genmanipulierter Nahrung behaupten, die mangelnde Akzeptanz
beruhe darauf, dass die Bevölkerung nicht ausreichend informiert sei. Falls dieser Informationsprozess nicht die Annahme beinhaltet,
dass GMOs in die Umwelt freigesetzt werden, und falls diese Information aus einer unabhängigen Quelle kommt und es ein Moratorium
für die Verwendung von GMOs gibt, solange dieser Informationsprozess dauert, dann wäre dies vielleicht ein Anfang. Aber wenn
transnationale Konzerne von "Information" sprechen, dann meinen sie in Wirklichkeit "auf Werbung basierende
Indoktrination".
Daniel Jardine
Aus: Green Left Weekly (Sydney), Nr.419, 19.Juli 2000 . Siehe auch den Artikel
"Gentechnik: Keine Waffe gegen den Hunger", in SoZ 19/99.