Sozialistische Zeitung |
Für eine gute Woche wird Tschechiens Hauptstadt im Mittelpunkt des internationalen Finanzkapitals und
zugleich auch der weltweiten antikapitalistischen Bewegung stehen.
Vom 26. bis 28.September findet in Prag das alljährliche Treffen des
Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank (WB) statt. Diese Spitzenorganisationen der Finanzwirtschaft stehen für
immer stärkere Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung. Sie sind vor allem in Osteuropa und in den sog.
Entwicklungsländern verantwortlich für die dramatisch wachsende Kluft zwischen arm und reich. Als bittere Folge dieser Politik
sterben alljährlich 17 Millionen Kinder an leicht heilbaren Krankheiten. Für die Manager von IWF und WB gilt dies als
Kollateralschaden.
Gegen die neoliberale Offensive hat sich eine weitweite Protestbewegung formiert.
Auf dem Treffen der WTO im US-amerikanischen Seattle im Dezember vergangenen Jahres konnten Zehntausende von Demonstrierenden aus
Gewerkschaften, Linksparteien, Umweltinitiativen und sozialen Bewegungen das Treffen der Topmanager behindern.
Es folgte eine Mobilisierung zum Frühjahrstreffen von IWF und WB im April
in Washington.
Der nächste Widerstandsort heißt jetzt Prag. In Tschechien, in nahezu
allen Ländern Europas und sogar in Lateinamerika wird dafür mobilisiert. In Prag hat ein Bündnis aus Gewerkschaften, dem
Kommunistischen Jugendverband und anderen Linksgruppen die Bevölkerung des Landes und die internationale - vor allem die
europäische - Öffentlichkeit aufgerufen, an einer Massendemonstration am 23.September an der Moldau teilzunehmen und so den
multinationalen Konzernen Paroli zu bieten.
Ein anderes Bündnis aus Umweltinitiativen und diversen Linksgruppen hat mit
einem europäischen Aufruf ebenfalls zu umfangreichen Protestaktionen aufgerufen. Es heißt darin: "Realität ist, dass die
Politik von IWF und WB das Leben von Menschen zerstört. Deswegen ist das Gipfeltreffen in Prag eine Herausforderung für alle,
die sich um das Schicksal der heutigen Welt sorgen. Die Ereignisse von Seattle haben gezeigt, dass sich eine riesige Welle von globalem
Widerstand gegen die sich ausbreitende Macht des globalen Kapitals aufbaut. Der IWF/WB-Gipfel in Prag wird unsere nächste
Gelegenheit sein, den Kampf für globale Gerechtigkeit und Gleichheit fortzusetzen."
Ein Gegengipfel, ein Kulturfestival, Demonstrationen und diverse Aktionen sind
für die Zeit vom 22. bis zum 28.September geplant.
Ein zweites Seattle wird es in Prag hingegen nicht geben. Beide Bündnisse
handeln nicht gemeinsam. Befürchtungen vor unkontrollierter Gewalt bei den einen und antikommunistische Vorbehalte bei den anderen
haben eine gemeinsame Widerstandsfront nicht zugelassen. Der Erfolg von Seattle aber war gerade das einheitliche Bündnis und
gemeinsame Handeln aller Linkskräfte des Landes einschließlich seiner Gewerkschaften.
Die deutsche Koordination Prag 2000, die die möglichst breite Teilnahme an
den Protesten in Prag vorbereitet, wird dagegen von einem sehr breiten politischen Spektrum unterstützt. Das reicht von
Gewerkschaftsfunktionären über DKP, PDS und andere Linksgruppen bis zu Studentenvereinigungen, Umweltinitiativen,
christlichen Gruppen und der VVN/BdA. Auf der Grundlage des europäischen Aufrufs ruft die Koordination Prag 2000 zur Teilnahme
sowohl an der Gewerkschaftsdemonstration am 23.September wie zu den Aktivitäten des Gegengipfels vom 22. bis zum 28.September in
Prag auf. Informationsbroschüren, Plakate und Flugblätter stehen zur Verfügung. Busse werden organisiert. Lokale
Koordinationsgruppen gibt es inzwischen in rund zwanzig Städten der Bundesrepublik.
Hugo Braun
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