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Längst steht fest, dass die CDU Hessen in punkto Einsammeln, Verschieben und Tarnen von Schwarzgeld
alle anderen Landesverbände der Union um Längen geschlagen hat. Besonders die von Ex-Innenminister Kanther und Schatzmeister
Prinz zu Sayn-Wittgenstein über Horst Weyrauch 1983 in die Schweiz verbrachten 20,8 Mio. DM, der "Honigtopf im
Süden", sorgten dafür, dass die hessischen Hardliner ihre "Kampagnenfähigkeit" nie einbüßten.
Zuletzt kam dieses Geld der ausländerfeindlichen und rassistischen Kampagne von Roland Koch und Konsorten gegen die doppelte
Staatsbürgerschaft zugute, die ihm wahrscheinlich den Wahlsieg bescherte. Angesichts der immensen Kosten dieser Kampagne
dürfte es sich bei Kochs Behauptung, er habe vom "Honigtopf" erst am 12.Januar 2000 erfahren, um eine eiskalte Lüge
handeln.
Noch nicht wirklich geklärt ist allerdings die Rolle, die der
Ministerpräsident Koch im gesamten hessischen Beziehungsnetz, oder richtiger: Sumpf gespielt hat. Man darf aber davon ausgehen, dass
der frühere Wirtschaftsanwalt mit besten Beziehungen zu mächtigen Verbänden von den Geldverschiebungen in weit
größerem Maße informiert war, als der "brutalstmögliche Aufklärer" zugeben kann und mag;
schließlich schickt er sich an, das große Vorbild Kohl auch im Aussitzen von Skandalen kopieren zu können.
In seinen Aussagen hält sich Koch an Till Eulenspiegel, der auf die
Vorhaltungen seines Nachbarn, er habe den ausgeliehenen Topf verbeult zurückgebracht, die überzeugende Antwort erteilte, er
habe erstens keinen Topf ausgeliehen, er habe den Topf zweitens unbeschädigt zurückgegeben und drittens sei er bei der Ausleihe
bereits verbeult gewesen. Bei Koch lautet die Eulenspiegelei wie folgt: Erstens gab es in der Amtszeit des Ministerpräsidenten Koch
keine schwarzen Kassen, gefälschten Belege und erfundene Vermächtnisse "verstorbener jüdischer Spender" aus
dem Ausland, sodann hatte er nicht den Hauch einer Ahnung von schwarzen Kassen, gefälschten Kassenbüchern, nicht angezeigten
Unterschlagungen und nichtexistenten Geldgebern, und schließlich sind alle diese Aufdeckungen ein alter Hut, und er habe dafür
gesorgt, dass die hessische CDU auf den Pfad der Tugend zurückgekehrt ist.
Fest steht aber, dass die CDU auch unter Koch schwarze Kassen (Ferrero-
Küsschen) geführt und vor allem mindestens ein Kassenbuch manipuliert und ein anderes vernichtet hat. Fest steht, dass über
die "Akademie für politische Bildung", die im gleichen Haus residiert wie der CDU-Landesverband, Millionenbeträge
von Verbänden (Metall- und Elektroverband Hessen) und Firmen (Versicherung HDI) steuersparend geflossen sind, wobei in einigen
Fällen der Zweck "zur Unterstützung von Roland Koch" offen angegeben wurde. Es drängt sich der Verdacht auf,
dass es sich auch hier um eine Waschanlage handelte.
Wenn er dem politischen Druck bislang standhalten konnte, dann weil die FDP bei
Neuwahlen fürchten muss, wieder unter fünf Prozent zu landen, vor allem aber, weil in der Union weit und breit niemand zu sehen
ist, der Koch in Sachen zynische Steherqualitäten das Wasser reichen könnte.