Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.20 vom 28.09.2000, Seite 2

Rente mit 67

Wie lange noch, Walter?

von ADAM REULEAUX

Walter Riester kommt allmählich in die gleiche Lage wie sein Gewerkschaftskollege und Amtsvorgänger Norbert Blüm: die IGM-KollegInnen fragen sich, ob dieser Minister noch Gewerkschafter bleiben kann. Wie erinnerlich, mussten Ausschlussanträge gegen Norbert Blüm immer wieder vom Vorstand zurückgewiesen werden, als der Sozialabbau der Kohl-Regierung schärfere Züge annahm.
Nun gibt es Riesters Gerede von der Rente mit 67 – nachdem die Versuche, seine Rentenreform im Sinne der Gewerkschaftskritiken zurechtzurücken, gescheitert sind. Zwar behauptete Walter Riester vor Stuttgarter MetallerInnen im Nachhinein, er hätte nur von der Möglichkeit eines späteren Renteneintrittsalters gesprochen, wenn die Massenarbeitslosigkeit beseitigt sei – also nicht vor 2010. Bei den Zeiträumen, in denen ein Minister denken muss, ist das sehr lange hin – seine Legislaturperiode endet erst mal 2002. Aber da die geplante Rentenreform mindestens bis ins Jahr 2030 berechnet ist – mit privater kapitalgedeckter Zusatzversicherung auf Kosten der ArbeitnehmerInnen –, ist es schon verwunderlich, wie bald dem Minister zusätzliche Korrekturen notwendig erscheinen.
Das Schlimme ist: Das ist ja nicht auf seinem Mist gewachsen. Die Forderung nach Verlängerung der Lebensarbeitszeit ist ein Steckenpferd der Unternehmervertreter. Da muss es schon als Provokation erscheinen, wenn der ehemalige Zweite Vorsitzende der IG Metall diesen Ball aufnimmt. Schließlich wurden in seiner damaligen Amtszeit Vorruhestandsregelungen ausgehandelt, die zwar inzwischen nachgebessert werden mussten, die aber deutlich machen, dass die Politik der Gewerkschaften in eine ganz andere Richtung geht.
Wer sich in der IG Metall freute, dass der ungeliebte Walter aus dem Vorstand in die Regierung weggeholt wurde, sieht sich vielleicht eines Schlechteren belehrt. Unter Schröder haben die Gewerkschaften im Bündnis für Wettbewerbsfähigkeit zu kuschen, oder sie besinnen sich endlich auf ihre eigenen Stärken.
Mit oder ohne Walter Riester als Gewerkschaftsmitglied – das spielt dann nicht mehr die entscheidende Rolle.

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