Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.21 vom 12.10.2000, Seite 2

Dickes Unternehmerlob für die IG Metall

Kolumne: Jakob Moneta

Der magere Tarifabschluss der IG Metall für mehr als 3 Millionen Beschäftigte ihres Organisationsbereichs erhielt vom Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Metallunternehmer, Hans Werner Busch, ein dickes Lob. Dieser Abschluss wird von ihm als "echte Stimulans" für die Konjunktur gepriesen. Für das laufende Jahr rechnet Gesamtmetall mit einem Produktionsanstieg von 5—5,5%. Mit dem Aufschwung steige auch die Zahl der Beschäftigten.
Die Wirtschaftsabteilung der IG Metall meint, "die Unternehmer der Metallindustrie können zufrieden sein". Denn: "die Gewinne sind zwischen 1998 und 1999 netto (also nach Abzug der Preissteigerungen) um 9,2% gestiegen. Sie werden dieses Jahr voraussichtlich um weitere 10,6% auf 46 Milliarden Mark zulegen". Die Eigenkapitaldecke (1998: 655 Milliarden Mark) sei so hoch, dass von dieser Seite keine Investitionshemmnisse bestehen.
Im letzten Quartal 1999 habe es bei den Aufträgen ein Plus von 11,9% gegeben, wobei die Auslandsnachfrage um 15,6% gestiegen sei. Im Gegensatz zu den optimistischen Erwartungen von "Gesamtmetall" — ein Zuwachs von 70000 Beschäftigten wird vorausgesagt — stellt die IG-Metall-Wirtschaftsabteilung in ihrem Konjunkturbericht fest: "Die Arbeitsplätze in der Metallindustrie gehen trotzdem weiter zurück: von rund 3,5 (1999) auf 3,3 Milliarden (2000). Nach Untersuchungen des IFO-Instituts München wird dieses Jahr ein Fünftel aller Investitionen getätigt, um zu rationalisieren. Dadurch steigt die Produktivität — und die Lohnstückosten sinken."
Erinnern wir uns daran, dass der Tarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie im Westen der Bundesrepublik rückwirkend zum 1.März dieses Jahres vorsah, dass die Löhne und Gehälter um 3% steigen. Vom Mai 2002 an soll die Erhöhung für zehn Monate weitere 2,1% betragen. Für die "Lücke", die beiden Monate März und April, wird jeweils 165 Mark gezahlt.
Das erweiterte Altersteilzeitmodell sieht vor, dass Beschäftigte bereits mit 60 Jahren in den Ruhestand gehen können. Aber die 35-Stunden-Arbeitswoche bleibt bis 2003 erhalten. Die Verringerung der Arbeitszeit als Mittel zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit darf also bis zu diesem Zeitpunkt nicht gefordert werden.
Wenn sich aber heute herausstellt, dass die Nachfrage in der Metall- und Elektrobranche — vor allem im Auslandsgeschäft — ungeahnte Höhen erreicht, dass die Nettogewinne um 10,6% auf 48 Milliarden steigen, während die inzwischen eingetretenen Preissteigerungen die für Löhne und Gehälter ausgehandelten Tarifabschlüsse fast vollends auffressen, müssen sich doch die IG-Metall-Mitglieder als die Gelackmeierten vorkommen. Der Wirtschaftsaufschwung geht an ihnen völlig vorbei, während die Wirtschaftsabteilung ihrer Organisation sich darüber freut, dass die Unternehmer der Metallindustrie diesmal zufrieden sein können.
Im Jahre 1989 erwirkte die IG Metall dank einer falschen Wirtschaftsprognose in der Stahlindustrie einen Tarifabschluss, der dem inzwischen eingetretenen Wirtschaftsaufschwung nicht entsprach.
Dies löste, weil die IG Metall dank ihrem Tarifvertrag zum "Frieden" verpflichtet war, eine massenhafte spontane Streikbewegung aus, mit der in der Stahlindustrie erhebliche Lohn- und Gehaltszuwächse erreicht worden sind.
Werden diesmal die über 3 Millionen in der Metall- und Elektroindustrie Beschäftigten es stillhaltend hinnehmen, dass die Früchte ihrer Arbeit ausschließlich den Kapitalbesitzern zugute kommen, während sie leer ausgehen?

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