Sozialistische Zeitung |
Nachstehend die Vorschläge der Europäischen Koordination des Netzwerks Europäische Märsche gegen Erwerbslosigkeit,
prekäre Beschäftigung und Ausgrenzung.
Friedliche Besetzung der Stadt Nizza und gewaltfreie Blockade der Aktivitäten des Ratsgipfels
der EU (7. und 8.12.)
Ohne uns darf es keine Entscheidung mehr geben!
Das Netzwerk der Europäischen Märsche ruft dazu auf, die Arbeiten der Regierungskonferenz von Nizza am 7. und 8.12. zu blockieren.
Warum?
Weil dieser Gipfel sich anschickt, Beschlüsse in Sachen Grundrechte zu fassen, die den Aufbau Europas nach liberalem Muster
bestätigen. Diese Orientierung der Europäischen Union unterbewertet die sozialen Rechte und verschlechtert die Lage der Erwerbslosen, der
prekär Beschäftigten und der Lohnabhängigen im allgemeinen, vor allem durch einen ständig wachsenden Druck zum
Arbeitszwang, "workfare".
Es gibt eine konzertierte europäische Politik: Man will den Erwerbslosen in Europa immer
schlechtere Beschäftigungsverhältnisse aufzwingen, die weder ihren beruflichen Bestrebungen noch ihren Fähigkeiten entsprechen;
widrigenfalls droht man ihnen mit dem Entzug der Stütze.
Die EU-Grundrechtecharta, die die Regierungschefs in Nizza proklamieren wollen, ist eindeutig
unzureichend, vor allem hinsichtlich der sozialen Rechte. Wir sind weit von den Forderungen der Bewegungen der Erwerbslosen und prekär
Beschäftigten entfernt: "Eine Arbeit ist ein Recht, ein Einkommen eine Pflicht!"
Die Charta birgt in unseren Augen aber auch Gefahren. Zum Teil ist sie zweideutig formuliert, zum Teiil
fällt sie hinter bereits bestehende Dokumente zurück.
Gegenüber dieser Charta tragen die sozialen Bewegungen eigene Forderungen vor. Das
Netzwerk der Europäischen Märsche schlägt eine "Europäische Charta der Forderungen" vor, die helfen kann, die
sozialen Kämpfe zu koordinieren und international zusammenzuführen.
Wie?
Wir schlagen vor, die Arbeiten des Gipfels durch eine massive, aktive und gewaltfreie Präsenz zu blockieren so wie die Aktionen und
Besetzungen der Erwerbslosenbewegungen seit Jahren ablaufen.
Wir schlagen allen sozialen Bewegungen, die in Nizza anwesend sind, in Übereinstimmung mit
der Methode und dem Ziel, die genannt wurden, die gemeinsame Koordinierung und Solidarität in der Aktion vor, sowie die Achtung dieses
gemeinsamen Rahmens, innerhalb dessen jede Bezugsgruppe eine weitgehende Autonomie der Initiative und der Bewegungsfreiheit in der Stadt Nizza haben
soll.
Wann?
Mittwoch abend, 6.12. Nach der europäischen Demonstration des EGB ab 14 Uhr in der die Europäischen Märsche mit
einem eigenen Block präsent sein werden soll die Besetzung der Stadt Nizza die in unseren Augen nur eine friedliche sein kann, die
Bewohner der Stadt respektiert, usw. ab Mittwochabend, den 6.12., am Vorabend des Gipfels beginnen.
Das erste Stelldichein ist deshalb der 6.12., um 17.3018 Uhr, mit der Durchführung eines
Straßenforums. Von hier aus beginnt die friedliche Besetzung der Stadt, in einem Klima der Debatte und des Feierns.
Donnerstag, 7.12., früh am Morgen
Das ist der zentrale Zeitpunkt, den das Netzwerk der Europäischen Märsche für eine Sammlung der Demonstrationszüge
und eine Versammlung so nah wie möglich am Tagungsort des Gipfels der Regierungschefs vorschlägt noch bevor sie versuchen, ihre
Arbeit aufzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt ist die breiteste Beteiligung nötig.
Donnerstag, 7.12. und Freitag, 8.12.
In diesen beiden Tagen wird es eine vielfältige Präsenz in den Straßen von Nizza und am Rande der Regierungskonferenz geben.
Gegengipfel; zahlreiche Aktionen und Feste.
Für die verschiedenen Netzwerke, die den Europäischen Märschen
angehören, bedeutet das "zwei Intensitätsgrade" der Mobilisierung:
1. diejenigen, die können, werden vom 6. bis 8.12. anwesend sein (und am 8. tagsüber
zurückfahren);
2. die meisten werden sich an den Hauptaktivitäten am Morgen des 7. beteiligen (was aller
Voraussicht nach eine Anwesenheit in der Stadt ab dem 6.abends voraussetzt).
Vor Ort:
In der Stadt Nizza hat sich ein gemeinsames Aktionsbündnis gebildet, das die verschiedenen Bestandteile der sozialen Bewegung und der
politischen Bewegungen der Linken, der extremen Linken, der Umweltschützer, Libertären und Alternativen zusammenfasst. Das Kollektiv hat
sich die Aufgabe gestellt, die Initiativen, die für ein wirklich soziales Europa kämpfen, zu empfangen und zu unterstützen. Das Netzwerk
der Märsche und das örtliche Aktionsbündnis koordinieren ihre Aktivitäten.
Das Netzwerk der Märsche wird in den Initiativen des 6., 7. und 8. 12. präsent sein. Es
organisiert im eigenen Namen mit allen, die sich daran beteiligen wollen, die friedliche Besetzung der Stadt Nizza" und die "Blockade des Gipfels
durch Aktionen der aktiven Gewaltfreiheit".
Es wird sich aber auch an verschiedenen anderen Initiativen beteiligen:
es nimmt an den Beratungen des Gegengipfels teil;
es unterstützt die Initiativen des Aktionsbündnisses von Nizza, das eine Aktion
gegen das vom Bürgermeister der Stadt verhängte Bettelverbot sowie eine Aktion gegen die extreme Rechte durchführen will (die extreme
Rechte ist Teil der Regierungskoalition in Österreich, die auch auf dem Ratsgipfel in Nizza dabei sein wird).
am 6.12. nachmittags, ab 14 Uhr, beteiligt sich das Netzwerk der Märsche mit einem
eigenen Block an der Demonstration des Europäischen Gewerkschaftsbunds. Den am Netzwerk der Märsche beteiligten Gruppen steht die
Teilnahme daran selbstverständlich frei. Der Block der Märsche ist autonom und trägt die eigenen Forderungen vor. Die Märsche
können auf diese Weise die Demonstrierenden (voraussichtlich mehrere zehntausend) über ihre Forderungen und Vorschläge für eine
Blockade des Gipfels informieren.
Im Anschluss an die Demonstration von Mittwoch nachmittag werden die Märsche eine
Kundgebung durchführen und sich zu dem Stelldichein begeben, das für den frühen Abend auserkoren wurde.
Auf nach Nizza!
Das Netzwerk der Märsche schlägt vor, sich soweit wie möglich auf spektakuläre Weise nach Nizza zu begeben, damit
unsere Forderungen vor Beginn des Gipfels der Öffentlichkeit bekannt werden:
mit Aktionen "Gratiszug" für Erwerbslose;
mit Karawanen, d.h. "Märschen auf Rädern": Autos, Bussen, mit
Lautsprechern, Fahnen, Transparenten... Es soll eine "Operation Schnecke" werden. Zwei Karawanen sind bereits angekündigt: eine vom
MNCP, die im Norden Frankreichs startet. Eine, die sich im Anschluss an die Europäische Versammlung der Erwerbslosen am 4.12. nachmittags
sammelt. Sie wird am 4.12. abends Lyon erreichen, am 5. 12. Marseille, am 6.12. Nizza;
mit Märschen aus Spanien.
Auf die eigene Kraft vertrauen
Die Vorhaben von Nizza sind ehrgeizig. Sie werden den Kampf der Erwerbslosen und prekär Beschäftigten in Europa
unterstützen. Sie können eine große Wirkung auf die internationale öffentliche Meinung entfalten und uns in unseren Forderungen
weiterbringen.
Aber wir sind nicht reich, und das Aktionsbündnis in Nizza hat auf das örtliche
Hotelgewerbe keinen großen Einfluss. Wir raten deshalb jeder örtlichen Initiative und jedem Netzwerk, so früh wie möglich mit der
Mobilisierung für Nizza zu beginnen, und in Sachen Transport, Verpflegung vor Ort und selbst Übernachtung maximal auf die eigene Kraft zu
vertrauen. Je mehr die Bezugsgruppen sich autonom zu bewegen wissen, sowohl was ihre Infrastruktur als auch was ihre Initiativen anbelangt, desto
stärker sind sie.
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