Sozialistische Zeitung |
Thomas Gottschalk und sein Bruder Christoph haben für 4 Millionen Mark die Rolle übernommen, die vor vier
Jahren Manfred Krug spielte: Aktien der früheren Bundespost an den kleinen Mann zu bringen. Damals war es die T-Aktie, die die Rolle der Volksaktie
übernehmen sollte. Ab jetzt konnte jeder nicht mehr nur als Zahler an der eigenen Telefonrechnung beteiligt sein, sondern auch als Gewinner. Heute
wird die "gelbe" Post als Logistik-Dienstleister über den grünen Klee gelobt, damit die Privatisierung durch Verkauf von Aktien
das dicke Geld in die Bundeskasse bringt. Nach der Zerschlagung der Bundespost und Umwandlung in drei verschiedene Aktiengesellschaften, nach der
Schließung von Hunderten von Filialen und der Entlassung tausender Beschäftigter dient sich die Post als Dienstleister an und will auf der
Welle von Modernisierung und Global-Playertum mitsurfen.
Wer den zeitweisen Höhenflug der T-Aktie von 28,50 DM auf beinahe 100 Euro, also fast
siebenmal so viel, als alleinigen Maßstab nimmt und den Sturz auf 40 Euro in diesem Jahr vergessen will, der mag sich mit den Werbemanövern der
"Aktie Gelb" zufrieden geben angeblich sind 5 Millionen Deutsche "interessiert". Aber die gelbe Post ist nicht der
vielversprechende Zukunftskonzern, als der die Telekom damals erscheinen konnte. Die Ausdehnung des Wettbewerbs nicht nur auf Pakete, sondern auch auf
die Briefpost wird zu Problemen führen, und das in ganz Europa.
Doch das Entscheidende ist: wer diese Art Aktienkultur propagiert, propagiert auch den Abschied
vom Sozialsystem. Beamte und Angestellte der Post wurden massenhaft durch prekäre Beschäftigte und eigenverantwortliche Dienstleister
ersetzt. Weite Wege zu den Filialen sind gesichert. Der Abschied vom Bahntransport und Umstellung auf Lkw sollte zu denken geben. Und: der Umbau des
Rentensystems hin zum Kapitalmarkt soll im Aktienrausch erleichtert werden zugunsten der Finanzkonzerne, die sich am Kapitalmarkt tummeln und
rechtzeitig für Riester schon das passende Angebot finden werden. Wer schon mal Kleinaktionär ist, spekuliert auch leichter mit seiner Rente
ist das die Zukunftsvorstellung?
Wo die wirklichen Gewinner des neuen Aktienbooms sitzen, zeigt ein Blick in die Quartalsbilanz der
Deutschen Bank. Gewinnexplosion zwischen Juli und September bei einer Steigerung gegen das Vorjahr auf das Neunfache nach Steuern 1,2
Milliarden Mark. "Im schwierigen Marktumfeld" an der Börse in dem entsprechenden Quartal habe die Deutsche Bank ein
"glückliches Händchen" bewiesen, schreiben die Zeitungen. Wer an die "Aktie Gelb" und seine Chancen dabei glauben
will, sollte sich an einen anderen Werbespot von Thomas Gottschalk erinnern den mit den Gummibärchen. "Sie haben ihre Chance
gehabt", heißt es da, nachdem sie verspeist worden sind.
Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch. Dennoch und ganz praktisch: Die Online-SoZ sieht nur umsonst aus. Wir brauchen Eure Euros.
Spendet steuerlich abzugsfähig!
VsP, Postbank Köln, BLZ 370100 50, Kontonummer 603 95 04