Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.23 vom 09.11.2000, Seite 4

Düsseldorf: 2500 gegen Nazi-Aufmarsch

Lediglich 300 Neonazis waren am 28.Oktober zum Aufmarsch am Rheinufer in Düsseldorf erschienen. Schon bald stand vielen von ihnen Enttäuschung und Frust im Gesicht geschrieben: Für ihren zwei Kilometer langen Marsch unter dem Motto "Meinungsfreiheit auch für Nationalisten — Argumente statt Verbote" benötigten sie fast fünf Stunden.
Immer wieder mußte der Demonstrationszug, der sich über die von 4000 Polizeibeamten abgesicherte Rheinuferpromenade quälte, stoppen und bis zu 90 Minuten ausharren, bevor es weiterging. Gegendemonstranten war es trotz diverser Sondereinsatz- und bayrischen Unterstützungskommandos mehrmals beinahe gelungen, auf die Demonstrationsroute zu gelangen.
Mehr als 2500 Menschen, darunter auch viele GewerkschafterInnen, die einem Aufruf des vom "Koordinierungskreis antifaschistischer Gruppen aus Düsseldorf" (Antifa-KOK) und den Düsseldorfer Hochschul-Asten initiierten "Bündnis gegen Rechts" gefolgt waren, beteiligten sich an dem Versuch, den Neonaziaufmarsch zu verhindern. Nach einer Kundgebung und einer von der Polizei angegriffenen und daraufhin aufgelösten Spontandemonstration fanden sich immer wieder Menschen in größeren Gruppen zusammen und zogen gemeinsam zu den Sammelpunkten und in Richtung Demonstrationsroute der Neonazis.
Im Laufe des Tages wurden 210 gegen den Neonaziaufmarsch protestierende Menschen teilweise brutal in Polizeigewahrsam genommen, darunter auch eine 12-jährige Schülerin und ein 74-jähriger Rentner und 126 "qualifizierte" Festnahmen. Drei Personen wurden dem Haftrichter vorgeführt, gegen zwei Personen aus Wuppertal und Dessau erging Haftbefehl wegen schweren Landfriedensbruch und Körperverletzung. Ein Kurde aus Dessau wurde bereits am 31.10. in einem "beschleunigten Hauptverfahren" wegen versuchter schwerer Körperverletzung und Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz zu einer siebenmonatigen Haftstrafe verurteilt. Von Seiten der Neonazis wurde 31 Personen vorübergehend in Polizeigewahrsam genommen.
Zeitgleich zum Neonaziaufmarsch nahmen 10000 Personen — nach Angaben des Veranstalters und der Polizei 25000 — Menschen an einer Kundgebung eines "Bürgerbündnisses" vor dem Düsseldorfer Rathaus teil und lauschten dem NRW-Ministerpräsidenten Wolfgang Clement und CDU-Oberbürgermeister Joachim Erwin, der für eine "Zukunft, in der kein Platz ist für Extremismus jeder Schattierung" plädierte.
Von Seiten des "Bürgerbündnisses" waren im Vorfeld keine Mühen und Kosten gescheut worden, um das Image der "weltoffenen und toleranten Landeshauptstadt" wieder aufzupolieren. Auf Initiative Erwins und der Rheinbahn durften sogar all diejenigen, die hieran mitwirken wollten, ab 10 Uhr kostenlos Straßenbahnen und Busse nutzen. Zu spät für Teilnehmende der Kundgebung des "Bündnis gegen Rechts": Deren Auftaktveranstaltung begann bereits um 9.30 Uhr.
Peter Briegert

Gekürzt aus der Düsseldorfer Stattzeitung Terz.

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