Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.24 vom 23.11.2000, Seite 2

NPD-Verbot

Und dann?

von ADAM REULEAUX

Die Bundesregierung hat den Antrag auf Verbot der NPD gestellt. So weit, so gut? Niemand, der sich mehr als einen Tag mit den Neofaschisten und der Rechtsentwicklung der BRD beschäftigt hat, macht sich Illusionen über die Bedeutung dieses Schrittes. Die Forderung nach Verbot neonazistischer Organisationen ist in der Linken nach wie vor umstritten — auch nach über 30 Jahren. Schon Ende der 60er Jahre prügelte die Polizei auf Gegendemonstranten ein, die gegen NPD-Parteitage vorgehen wollten. Auch jetzt prügelt die Polizei Gegendemonstranten weg, wenn sie ein Verbot der Neonazis auf der Straße durchsetzen wollen. Seit dem Anschlag auf jüdische Umsiedler in Düsseldorf entwickelte sich eine öffentliche Debatte, die sehr zweischneidig ist — genau wie die Verbotsforderung.
Natürlich ist es gut, wenn das üble Treiben der Neonazis und der rechten Mörder stärker in der Öffentlichkeit zu Tage tritt, als noch vor Jahren. Nachweislich sind die jahrelangen Mordtaten an Ausländern meistens ignoriert, höchstens in kleinsten Artikeln erwähnt und mit milden Strafen für die Täter ausgegangen. Dass sich dies ändert, ist wichtig. Hier muss das jahrelange Arbeiten und Forschen der vielen Antifaschistischen Gruppen und Organisationen erwähnt werden, deren Arbeit oft verhöhnt und ihre Demonstrationen und Aktionen von der Regierung eher in gleichem Atemzug mit den rechten Schlägern genannt wurden.
Aber machen wir uns keine Illusionen: im Augenblick kann die Regierung angesichts der aufgestörten öffentlichen Meinung vor allem im Ausland auf "Taten" verweisen. Das Verbot zieht sich aber hin. Ob das Verfassungsgericht dem Antrag folgt, steht angesichts der bisherigen Rechtsprechung in der BRD in den Sternen. Natürlich wäre ein Verbot gut, sei es nur, um den Nazis weitere öffentliche Mittel zu sperren, oder deren Demonstrationen zu illegalisieren.
Zu offensichtlich steckt hinter dem ganzen Gehabe der Schröder-Fischer-Regierung die "Sorge um das Image" oder um den Wirtschaftsstandort. Zu deutlich wird jedem, dass die Einführung der "Green Card" und die Zulassung von "wirtschaftlich guten" Ausländern im krassen Gegensatz zu der ausländerfeindlichen Ideologie und den Taten der rechten Schläger steht, die immer mehr Räume in diesem Land zu erobern scheinen.
Und wie soll diesen Schlägern mit einem Verbot beigekommen werden? Wie sollen die ganzen Hilfsorganisationen, Kameradschaften, und über rechte Musik sich organisierenden Banden davon etwas fürchten müssen? Offensichtlich kann ein Verbot nur ein Schritt sein. Aber die Frage nach dem rechten Rand, der sich bis in die Mitte der Gesellschaft und Parteien hineinzieht, die Frage nach der "Leitkultur" und ihrer Anhänger, die wird noch nicht mal gestreift. Da ist der Antrag der Regierung eher ein Alibi, hier wie gehabt weiter machen zu können — z.B. beim Abschieben, bei der Aufrüstung der Polizei und bei der Videoüberwachung auf den Straßen und Plätzen. Den antifaschistischen Menschen und Gruppen in diesem Land bleibt nach wie vor, die Hauptsache zu tun.

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