Sozialistische Zeitung |
1. Eine neue Verkehrspolitik muss auf die Grundsätze verpflichtet sein: vermeiden, verkürzen, verlagern.
Viel derzeit stattfindender Personen- und Güterverkehr ist überflüssig
bzw. bestehende Verkehrs- und Transportwege können mit einer entsprechenden Struktur- und Preispolitik verkürzt werden. So sind die
externen Kosten des Verkehrs zu berücksichtigen. Ein dringend erforderlicher neuer Bundesverkehrswegeplan muss umgekehrte Prioritäten als
alle bisherigen haben: Ausbau der Schiene in der Summe kein weiterer Bau von Straßen und Landebahnen. Dies erfordert nicht nur eine
vorausschauende Klimaschutzpolitik, sondern eine Vorsorgepolitik zu Gunsten all derjenigen, die heute oder künftig sich kein Auto leisten und die
einen Beitrag zum Klimaschutz bringen wollen.
2. Die Orientierung der Deutschen Bahn AG an Börse und auf eigenwirtschaftliche Rentabilität ist zumindest
unter den gegebenen Bedingungen abzulehnen.
Ähnlich wie in den Sektoren Ausbildung, Gesundheit und Altersvorsorge halten wir
den Gedanken einer Grundvorsorge des Gemeinwesens für eine Errungenschaft der bestehenden Gesellschaft. Der Bund muss auf absehbare Zeit
100%iger Eigentümer der Deutsche Bahn AG bleiben. Schienenstrecken sind als infrastrukturelle Grundversorgung des Gemeinwesens zu verstehen.
3. Notwendig ist der flächenhafte Erhalt und Ausbau des Schienennetzes mit seinen Infrastruktureinrichtungen.
Wie im Straßenverkehr und wie beim Internet muss im Zentrum der Netzgedanke
stehen auch hinsichtlich Geschwindigkeit: Wichtig ist eine insgesamt ausreichend hohe "Netzgeschwindigkeit", nicht
Höchstgeschwindigkeiten von Zentrum zu Zentrum. Dieses Ziel wird in erster Linie durch eine optimale Abstimmung von Nah-, Regional- und
Fernverkehr realisiert ("integrierter Taktverkehr").
4. Auf der Tagesordnung steht eine umfassende Modernisierungsoffensive im Schienenverkehr.
Intelligente Technik, die mehr Komfort und weniger Energieverbrauch garantiert, ist
weitgehend vorhanden. Die Gesellschaft muss die Bahnindustrie als strategische Industrie für die Verkehrswende und für eine
umweltverträgliche Politik begreifen.
5. Die Tarife und Preise im Verkehrssektor müssen die Politik der Verkehrswende flankieren.
Öffentlicher Verkehr muss deutlich preiswerter als der motorisierte Individualverkehr
sein. Dabei kommt Angeboten wie BahnCard, Umweltmonatskarten und Jobtickets eine große Bedeutung zu. Solche Angebote sind in ihrer Funktion
auszubauen und als universelle Zugangskarten zu "Komfortmobilität" zu verstehen. Strikt abzulehnen sind die Pläne des
Bahnmanagements, die BahnCard erneut zu verteuern und in ihrer Funktion zu reduzieren.
6. Im Mittelpunkt einer Politik der Verkehrswende steht der Mensch auf beiden Seiten, als Kunde und als
Beschäftigter.
Es geht im öffentlichen Verkehr um Fahrgäste und nicht um
Beförderungsfälle. Das erfordert eine kundenorientierte und kundennahe Geschäftspolitik. Oft ist es billiger und sinnvoller, dass Personal
in ausreichender Zahl an Schaltern und auf Bahnhöfen präsent ist, als in Hochgeschwindigkeit zu investieren: Teuer erkaufte Minutengewinne
auf der Strecke verliert der Fahrgast oft durch Warten vor Schaltern und Automaten. Vergleichbares gilt für den Güterverkehr und das
Verhältnis Bahn zur Wirtschaft.
Der weitere Abbau der Belegschaft der Deutsche Bahn AG ist kontraproduktiv, weil damit
elementare Standards für Service und Sicherheit gefährdet werden. Stattdessen ist im Rahmen der Politik der Verkehrswende eine
Personalpolitik zu verfolgen, die den bei der Bahn Beschäftigten das erforderliche Selbstwertgefühl zurück gibt und zu einer inhaltlich
begründeten Identifikation mit Unternehmen und Unternehmenszielen führt ("Corporate Identity").
Diese Zielsetzungen sind nur zu verwirklichen in einem breiten gesellschaftlichen
Bündnis, zu dem sich Freundinnen und Freunde der Bahn in Verbänden, Gewerkschaften und Initiativen zusammenfinden müssen. Die
Unterzeichnenden* verlangen eine Bürgerbahn statt einer Börsenbahn und fordern für die hier skizzierten Zielsetzungen zu einem solchen
breiten Bündnis auf.
*Johannes Hauber, Andreas Kleber, Heiner Monheim, Jürgen Rochlitz, Winfried Wolf.
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