Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.26 vom 21.12.2000, Seite 15

Brendan trifft Trudy

Irland/Großbritannien 2000, Regie: Kieron J. Walsh; mit Peter McDonald, Flora Montgomery u.a. (Kinostart: 14.12.2000.) u.a. (Kinostart: 14.12.2000.)

Ein ungleiches Paar, das ist die Konstellation, aus der diese irische Komödie ihren Reiz bezieht. Denn der Kirchenchorsänger, Lehrer und Einzelgänger Brendan und die gesellige, flippige Einbrecherin Trudy haben auf den ersten Blick gar nichts gemeinsam. Trotzdem lernen sie sich in einem Dubliner Pub kennen und lieben.
Dass katholische SängerInnen und Angehörige der "Halbwelt" die gleiche Kneipe besuchen, ist nach hiesigem Verständnis zwar eigentlich völlig unmöglich, aber in Irland gehen die Uhren bekanntlich anders. Trotzdem geht die Beziehungsanknüpfung zwischen den beiden etwas zu schnell und ist insgesamt unglaubwürdig und ein wenig aufgesetzt. Was daraus folgt, ist aber doch recht amüsant.
Der eigenbrötlerische, verschrobene und zerstreute Brendan, der es noch nicht einmal schafft, sich die Namen seiner Schüler zu merken, hat einen "Fehler", den auch alle FilmkritikerInnen haben: Er geht zu oft ins Kino. Dort holt er sich die Erlebnisse, die ihm im realen Leben völlig fehlen. Das ist nämlich eher trostlos. Er versucht ohne großen Elan, einer ignoranten Schülerbande etwas beizubringen. Die Abende verbringt er entweder allein oder im Kirchenchor. Gelegentlich besucht er seine spießige Familie, wo sein Schwager einen Wagen mit der Aufschrift "Middle class and proud of it" fährt.
Trudy hingegen nutzt den Tag zum schlafen, den Abend für Parties und die Nacht für kleine Einbrüche. Um seiner Freundin zu imponieren, singt Brendan ihr lateinische Choräle vor, versucht, einen Nigerianer vor der Abschiebung zu bewahren und gibt vor seinen Schülern sehr klassisch wirkende Versionen von Iggy-Pop-Liedern zum besten. Schließlich begehen die beiden einen Einbruch in Brendans Schule, was Trudy zwei Jahre ihrer Freiheit kostet, die beiden aber in den Hafen der Ehe, zu einer Scheidung, zu einer erneuten Ehe und zu vielen Kindern bringt.
So weit bietet der Film eine konventionelle love story mit Happyend. Das ganze wird aber mit sehr irischem Humor, irischem Lokalkolorit und liebevoll gezeichneten skurrilen Figuren angereichert. Darüber hinaus bekommt man einen wenn auch oberflächlichen Eindruck von den Veränderungen in der irischen Gesellschaft während des "Wirtschaftswunders" am Ende der 90er Jahre, durch die Irland von einem Agrarstaat zu einem der Zentren der Informationsgesellschaft wurde. Nicht von ungefähr sind es Computer, auf die es Brendan und Trudy auf ihrem gemeinsamen Raubzug abgesehen haben.
Für CinastInnen bietet der Film eine Reihe von Zitaten aus berühmten Filmen, die Brendans Filmleidenschaft geschuldet sind. So schlüpfen Brendan und Trudy in die Rollen von Jean-Paul Belmondo und Jean Seberg aus Godards Außer Atem. Die Zitate bleiben aber wirklich reines Zitat, d.h., dass der Film seine Vorbilder weder weiter entwickelt, noch parodiert, noch mit den bekannten Genreklischees spielt. Die Filmzitate sind lediglich Schnörkel an einer konventionellen Geschichte, die allenfalls einen nostalgischen Wiedererkennungseffekt bieten.
Alles in allem ist der Film gut gemachte Unterhaltung, die einem einen angenehmen Abend verschafft, wenn man gerade nichts besseres vorhat. Allen BesucherInnen sei geraten, das Kino nicht zu früh zu verlassen, denn der Abspann ist das beste am ganzen Film.

Andreas Bodden

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