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Insgesamt 40000 Beschäftigte demonstrierten am 25.Januar europaweit gegen den geplanten Abbau von Arbeitsplätzen
bei General Motors (GM). Allein in Deutschland legten fast 16000 GM-Angestellte in Bochum, Kaiserslautern, Rüsselsheim und Eisenach zeitweilig die Arbeit
nieder. Zum "General Motors Action Day", zu dem erstmals in der Konzerngeschichte grenzüberschreitend gegen die Unternehmerpolitik
protestiert wurde, hatte der Europäische Betriebsrat des weltweit größten Autoherstellers aufgerufen.
Der Vorstand des Tochterunternehmens, der deutschen Opel AG, zeigte sich
"verärgert" über die Aktionen. Arbeitsniederlegungen seien nicht der richtige Weg um Beschäftigung zu sichern, auch schwierigste
Fragen könnten zügig am Verhandlungstisch gelöst werden, hieß es aus der Chefetage. Doch GM Europa teilte bereits am Abend des
Protesttags mit, dass der US-Konzern an der geplanten Einstellung der Fahrzeugproduktion im britischen Luton festhalte.
GM hatte Mitte Dezember vergangenen Jahres angekündigt, weltweit insgesamt 16000
Arbeitsplätze abzubauen, darunter 6000 in Europa. Im vergangenen Jahr war der Absatz von GM in Europa um mehr als 8% eingebrochen, die Europa-Sparte
erzielte im vierten Quartal 463 Millionen Dollar (fast eine Milliarde Mark) Verlust.
Zunächst sollen die geplanten Einsparungen die Vauxhall-Fabrik in Luton, einer Kleinstadt in
der Nähe von London, treffen. Die Konzernchefs hatten kurz vor der Weihnachtspause angekündigt, das Werk bis 2002 komplett schließen zu
wollen. Zeit und Ort hatten sie nicht zufällig gewählt, denn nirgends in Europa haben die Gewerkschaften weniger Rechte als in Grossbritannien.
Im vergangenen Jahr gab es zahlreiche Schließungen von Autofabrikationen in
Großbritannien: Rover wurde von BMW an die umstrittene Firma Phönix verkauft. Das ging mit mehr als tausend Entlassungen einher. Direkt im
Anschluss kündigte Ford das Ende der Produktion in Dagenham an. Nachdem Gewerkschaften und Betriebsrat der Schließung zugestimmt hatten, gab
General Motors seine Pläne für Luton bekannt. Doch anders als bei Rover und Ford geht die Belegschaft diesmal in die Offensive.
Seit der Ankündigung gibt es wöchentlich mehrere Aktionen. Zunächst hatten die
Arbeiter mehrmals die Büroräume der Geschäftsleitung besetzt. Sie organisierten Demonstrationen in Luton, denen sich ein Großteil der
Bevölkerung anschloss. Denn nicht nur die 2200 Arbeitsplätze, sondern darüber hinaus Zulieferbetriebe, Einzelhändler und die Infrastruktur
der Kleinstadt, die ansonsten nur wegen ihres internationalen Flughafens bekannt ist, werden unter der Werksschließung zu leiden haben. Am 20.Januar
demonstrierten auf einer landesweiten Demonstration insgesamt 20000 in Luton, darunter auch eine 14-köpfige Delegation der Opel-Werke aus Bochum, die auf
eigene Kosten angereist waren. Die IG Metall hatte keinen Pfennig dafür übrig. Andere Kollegen kamen aus Spanien und Belgien.
Auch in der türkischen Stadt Izmir hat General Motors Werksschließungen
angekündigt. In Deutschland sollen in den Werken Rüsselsheim und Bochum insgesamt 1700 Beschäftigte entlassen werden. Im Bochumer Werk,
das in den vergangenen fünf Jahren von 20000 auf 13000 Beschäftigte geschrumpft ist, sollen 700 weniger arbeiten, obwohl für 2001 eine
Produktionssteigerung von zehn Prozent geplant ist und die Belegschaft schon heute über Engpässe klagt. Doch die Konzernleitung streue auch hier
regelmäßig Gerüchte über geplante Schließungen, um die Beschäftigten zu noch größeren Leistungen zu
drängen, monieren die Beschäftigten.
"Im Interesse aller europäischen Produktionsstätten müssen wir den
Plänen von General Motors etwas entgegen setzen, denn überall in Europa kann bald dasselbe passieren", erklärt der Europäische
Betriebsrat. Die Massenentlassungen verstießen auch gegen bestehende Standortsicherungsverträge, so Günter Lorenz vom IG-Metall-Bezirk
Darmstadt. Der Solidaritätsaufruf des Europäischen Betriebsrats spricht sich gegen die Konzernpolitik aus, "weil sie die Managementfehler auf
Kosten der Beschäftigten löse".
Trotz des europaweiten Protestaufrufs bewegen sich die Vorschläge des Europäischen
Betriebsrats zur Beilegung des Konflikts im Rahmen des Co-Managements. Neben dem Verzicht auf Kündigungen und der Sicherung von Arbeitsplätzen
in den europäischen GM-Werken fordert der Betriebsrat "Produkt- und Verkaufsoffensiven für eine bessere Profitabilität" des
Unternehmens. Die Bochumer Jugendversammlung des dortigen Opel-Werkes hat einen tieferen Einblick in diese Zusammenhänge. "Wir akzeptieren es
ganau so wenig wie Ihr, dass zur Profitmaximierung Arbeitsplätze abgeschafft werden", formulierten die Auszubildenden an die Adresse ihrer Kollegen in
Luton. Denn der Zwang Profit zu machen lässt in Zeiten der Überproduktion nur eine Steigerung des realen Gewinns zu: Lohnsenkungen und
Massenentlassungen.
Gerhard Klas
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