Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.03 vom 31.01.2001, Seite 14

1977: Linke Reaktionen auf Buback-Attentat

Anlässlich der Aufregung um Minister Trittin und seine Haltung zum "Mescalero"-Nachruf auf den 1977 von der RAF getöteten Generalbundesanwalt Siegfrid Buback dokumentieren wir im Folgenden zwei Stimmen aus der revolutionären Linken, die damals, unmittelbar nach dem Attentat, in den jeweiligen Presseorganen der proalbanischen Kommunistischen Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten (KPD/ML) sowie der Gruppe Internationale Marxisten (GIM), deutsche Sektion der IV.Internationale, erschienen sind.

"Hetze gegen die revolutionäre Gewalt"

Roter Morgen, Zentralorgan der KPD/ML, Nr.15, 15.4.1977:

"[…] Buback war einer der Hauptverantwortlichen für die barbarische Isolationshaft der Gefangenen der RAF. Die ständige Verschärfung ihrer Haftbedingungen, ihre psychische Folterung in den toten Trakts von Stammheim, Ossendorf und anderen Gefängnissen, ihre vollständige Isolierung von der Außenwelt in von allen äußeren Einflüssen abgeschnittenen Zellen, waren von ihm immer wieder erhobene Forderungen. […] Jeden brutalen Überfall der Polizei auf revolutionäre und fortschrittliche Menschen hat Buback verteidigt.
Seine Behörde ist eines der Zentren der Verfolgung und Unterdrückung der revolutionären Bewegung.
Buback war einer der höchsten Vertreter der kapitalistischen Ausbeuter- und Unterdrückerordnung, ein erbitterter Feind des revolutionären Kampfes der Arbeiterklasse und der übrigen Werktätigen, ein geschworener Feind des Kommunismus und des Fortschritts. Verständlich, daß die Bourgeoisie und ihre Lakaien über seinen Tod Tränen vergießen und ihr Mitgefühl bekunden. […]
Unsere Partei hat die Notwendigkeit der revolutionären Gewalt gegen den kapitalistischen Staat, und um die Herrschaft der Bourgeoisie zu stürzen, immer bejaht. Die Arbeiterklasse kann sich nur befreien, wenn sie sich als Klasse unter der Führung der marxistisch-leninistischen Partei in der sozialistischen Revolution erhebt, die Herrschaft der Kapitalistenklasse gewaltsam zerschlägt und die Diktatur des Proletariats errichtet. Es ist deshalb heute notwendig, die fortschrittlichen Arbeiter für dieses Ziel, für den Kommunismus, zu gewinnen, die Kämpfe der Massen auf dieses Ziel auszurichten und zu einer Schule der Revolution zu machen. Die Haltung der Marxisten-Leninisten gegen den individuellen Terror ist klar, und unsere Partei wird davon niemals abweichen."

"Weder Tränen — noch Freude!"

Was tun, Wochenzeitung der GIM, Nr.154/155, 15.4.1977:

"Das Attentat von Karlsruhe hat das Osterprogramm der bürgerlich-politischen Szenerie in diesem Jahr etwas durcheinandergebracht. Und das nicht zu ihrem Schaden. Die tödlichen Schüsse auf den Generalbundesanwalt Buback und seine Begleiter haben die Auferstehung gewissermaßen auf den Gründonnerstag vorverlegt. Denn was macht die erste und augenfälligste Auswirkung des Attentats aus, wenn nicht eine unverhoffte Entlastung für die lädierten Organe der zweiten Republik und ihre etablierten Parteien? Anhaltende Arbeitslosigkeit und Lohnabbau, Berufsverbote, Rentenbetrug, Abhörskandal und Atomprogramm bildeten — in Stichworten — ein ganzes Programm der politischen Demontage, das nicht nur die Bonner Koalition und die sie tragenden Parteien, sondern sämtliche Gewährsträger der bürgerlichen Ordnung in die Defensive zurückgeworfen hatte.
Das Attentat von Karlsruhe hat die politische Situation verändert. Die Bourgeoisie, ihre Vollzugsorgane, Sprachrohre und Zeremonienmeister haben die unverhoffte Möglichkeit entschlossen für eine Gegenoffensive genutzt. Das große Orchester der ideologischen Fahndung verbessert den ‚geistigen Nährboden‘ für Polizeirepressalien, Bürger-Denunzianten, Kriminalisierung und nachträgliche Legitimation illegaler Bespitzelungspraktiken. […]
Und Buback? Keine Träne über das Ableben eines Mannes, der als strammer Wachhund des ‚wehrhaften Rechtsstaates‘ ‚persönlich große Erfolge in seiner Arbeit erreicht und vieles und Bedeutendes zum gemeinsamen Erfolg der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden in Bund und Ländern beigetragen‘ hat, ‚der auch für solche Schritte eintrat, die kontrovers waren‘ (Kanzler Schmidt in seiner Rede beim Staatsakt). […]
Der zügige Ausbau des staatlichen Gewaltapparates findet in dem irrigen und selbstmörderischen Aktionismus terroristischer Gruppierungen am äußersten Rand der politischen Linken nicht seine Ursache. Nur seinen Vorwand und sein bevorzugtes Erprobungsfeld. […]
Deshalb auch keine Freude über das Attentat. Seine Auswirkungen richten sich gegen das Bewußtsein von der notwendigen Verteidigung und Ausweitung der demokratischen Rechte und Freiheiten; damit gegen die Legalität der politischen und gewerkschaftlichen Organisationen der Arbeiterklasse, einschließlich unserer eigenen Organisation; gegen das gestiegene Selbstvertrauen und den politischen Klärungsprozeß einer entstehenden Massenbewegung gegen die kapitalistische Anarchie und ihre menschenverachtende Zerstörungsproduktion. […]"

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