Sozialistische Zeitung |
Mit einem Tag Verspätung gratulierte das Kölner Komitee gegen amtlichen Rassismus (Kogamra) am 17.März dem
Bundesgrenzschutz (BGS) zum 50-jährigen Jubiläum. Die gleichzeitige Geburtsstunde des Komitees am Samstagvormittag im Kölner Hauptbahnhof
begleiteten zwölf Musikerinnen und Musiker der Blaskapelle "Dicke Luft" mit einem Trauermarsch im Gedenken an die bekannten und
unbekannten Opfer des staatlichen Rassismus.
Während der BGS in Berlin von Bundesinnenminister Schily und Bundespräsident Rau
für sein "Engagement, Sorgfalt und Sachverstand" vor ca. 500 Gästen gelobt wurde, kritisierten knapp 150 Teilnehmende der Kundgebung im
Kölner Bahnhofsgebäude die dunklen Seiten des BGS, die auf Jubiläumsfeiern gerne verschwiegen werden. "BGS & Polizei in
Worten gegen Rechts, in Taten gegen AusländerInnen", stand auf einem Transparent, das mit Hilfe von Gasluftballons unter das Dach der Eingangshalle
gehängt wurde.
Seit 1992 hat der BGS "bahnpolizeiliche Aufgaben" übernommen, seit 1998 darf er sog.
"verdachtsunabhängige Kontrollen" durchführen. Heute stellt der BGS 6000 Beamte für die Bahnpolizei. Die seit November 2000
bestehende "Ordnungspartnerschaft" mit der privaten "Bahnschutz- und Service-Gesellschaft" ergibt weitere 3800 Beschäftigte, die
bundesweit Bahnhöfe kontrollieren. Ein Spießrutenlauf für fremd aussehende Kunden der Bahn, denn maßgeblich für die Kontrollen sind
das Aussehen der Reisenden und ihre Reaktion auf die Anwesenheit von Uniformierten.
Zu einer der Hauptaufgaben des BGS gehört die Überwachung des
"grenzüberschreitenden Personenverkehrs" und das Verhindern von "illegalen Grenzübertritten".
Am Kölner Hauptbahnhof konzentrieren sich die Kontrollen des BGS vor allem auf Züge, die
aus dem westlichen Ausland ankommen. Der BGS greift Ausländer auf, die keine Aufenthaltsgenehmigung haben, aber auch "residenzpflichtige"
Asylbewerber, die ihren von den Ausländerbehörden zugewiesenen Aufenthaltsort verlassen haben. Eine Sprecherin des Kogamra-Beirats kritisierte auf der
Kundgebung die Residenzpflicht als "eine in Europa einmalige Schikane".
Vom "Verstoß gegen die Residenzpflicht", die Bestandteil des Ausländerrechts
ist, macht der BGS häufig Gebrauch. Allein 2000 Straftaten gegen das Ausländer- bzw. Asylverfahrensgesetz hatte die BGS-Inspektion Köln 1999
registriert. "Menschen aufgrund ihres Aussehens eines Rechtsbruchs zu verdächtigen und deshalb zu kontrollieren, erleben internationale Gäste,
MigrantInnen und Flüchtlinge in dieser Stadt als persönliche Diskriminierung, wir nennen diese Praxis amtlich verordneten Rassismus", erklärt die
Kogamra-Sprecherin.
Nicht nur in Köln zeigt die Kritik bisher keine Wirkung auf Polizei, BGS und politische
Entscheidungsträger. Allein am ersten Februarwochenende hatten BGS-Beamte aus der Grenzstadt Aachen 79 Ausländer im Bahnverkehr
"aufgespürt", die ohne Papiere nach Deutschland einreisen wollten. Dort hatten am selben Tag wie in Köln antirassistische Gruppen die
Aktivitäten des BGS öffentlichkeitswirksam ins Visier genommen.
Mit Flugschriften forderte Kogamra die Kunden der Bahn auf, "auf rassistische Kontrollen zu achten
und sich gegebenenfalls einzumischen", zumindest aber solche Vorfälle an ein Infotelefon des Komitees weiterzugeben.
Außerdem plant Kogamra für den Zeitraum von drei Monaten eigene Streifengänge
durch den Kölner Hauptbahnhof. Die Ergebnisse der Beobachtungen will Kogamra zu einem Bericht zusammentragen.
Sollte der die Vorwürfe gegen den BGS erhärten, wollen ihn mehrere Abgeordnete des
Europaparlaments als Beispiel für "amtlichen Rassismus" in einer Parlamentssitzung verhandeln. Kogamra beabsichtigt auch, die Dokumentation an das
UN-Flüchtlingskommissariat weiterzuleiten.
Gerhard Klas
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