Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.07 vom 29.03.2001, Seite 5

Arzthelferinnen: Wieviel Rente?

Einer der typischen Frauenberufe ist Arzthelferin — immer noch neben Bürokauffrau und Verkäuferin einer der meistgewählten Ausbildungsberufe. Der Berufsverband der Arzt-, Zahnarzt- und Tierarzthelferinnen (BdA) hat in seiner Zeitschrift vor kurzem eine Beispielrechnung veröffentlicht, wieviel Rente die betroffenen Frauen bekommen könnten.
Da die Tabelle nach heutigen Werten und nach dem noch gültigen Rentenrecht berechnet ist, müssen wohl Abstriche an die Realitätsnähe gemacht werden, aber die Tendenz ist klar. Und sie gilt beileibe nicht nur für den angegebenen Berufszweig, sondern in gleicher Weise für alle ähnlichen Frauenberufe im Dienstleistungsbereich, wie bei Verkäuferinnen, Büroangestellten oder Reinigungskräften.
Dabei dürfte die Arbeitsbiografie von Fallbeispiel 1, vielleicht gemischt mit Fallbeispiel 3, der Realität am nächsten kommen: Ausbildung nach Haupt- oder Realschulabschluss, einige Jahre volle Berufstätigkeit, bis jüngere Lehrkräfte ausgebildet sind, Familienpause, und danach prekär beschäftigt oder in Teilzeit. Eine Rente zwischen 500 und 1000 Mark ist die Folge. Nach einem Berufsleben von 45 Jahren, wohlgemerkt.
Aber auch das Fallbeispiel 4, das von lückenloser Beschäftigung im Tarifgehalt ausgeht, zeigt, wie wenig Frauen heute vom Rentensystem zu erwarten haben: Ihre Rente liegt deutlich unter der sog. "Eckrente", die im Jahre 2000 etwa 2050 Mark bei 45 Arbeitsjahren mit Durchschnittsverdienst betrug. Der Durchschnitt aller rentenberechtigten Frauen hat aber nur 25 Jahre Beitragszeiten aufzuweisen.
Die Löhne der betroffenen Frauen werden nach wie vor als Zuverdienst angesehen. Das setzt die traditionelle Rolle in der Familie voraus. Alleinerziehende oder familienversorgende Frauen können von solchen Löhnen nicht leben, insbesondere, wenn sie Teilzeit arbeiten wegen der Familienpflichten, oder weil die Ärzte fast nur solche Jobs anbieten.
Aus der Tabelle geht auch die Ungerechtigkeit in der Behandlung der Kindererziehungszeiten hervor: wenn die Kinder nach 1992 geboren sind, gibt es 100 Mark Rente mehr. Und die riestersche Rentenreform bestärkt den Ungerechtigkeitseffekt noch: von den schon niedrigeren Löhnen sollen die berufstätigen Frauen mehr einzahlen, um privat vorzusorgen, aber die gesetzliche Rente sinkt massiv.
Dafür erhalten sie wegen der längeren Lebenserwartung eine niedrigere private Zusatzrente als Männer. Und ihre eigenen Ansprüche werden in steigenden Maße auf die eventuell zu erwartende Witwenrente angerechnet. Frauen sind die Verlierer dieser Rentenreform, wie sie schon bisher in der Sozialversicherung diskriminiert waren.

Rolf Euler

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