Sozialistische Zeitung |
Das auf der Europäischen Erwerbslosenversammlung in Paris gebildete Sekretariat ist Mitte Februar erstmals zusammengetreten und
hat sich für das Jahr 2001 auf folgende Arbeitsschwerpunkte verständigt:
1. Die Grundrechtecharta
Sie wurde nicht in den Vertrag von Nizza aufgenommen, aber es ist auch kein Verfahren vorgesehen, ihren Inhalt nachzubessern. Dafür werden alle Hebel in
Gang gesetzt, sie zur Präambel einer europäischen Verfassung zu machen. In Laeken/Brüssel soll darüber entschieden werden.
Die Erwerbslosenversammlung möge mit folgenden Forderungen im Dezember in Brüssel
anlässlich des EU-Gipfels auftreten:
1. Der Rat soll feststellen:
das Recht auf soziale Leistungen, das in den nationalenGesetzgebungen enthalten ist, wurde nicht in die Grundrechtecharta aufgenommen;
dies kann bedeuten, dass dieses Recht verschwindet;
dies ist ein Risiko, das sich die EU im neuen Wettbewerbsrahmen der Eurozone nicht erlauben kann.
Deshalb muss ein Prozess in Gang gesetzt werden, der solche Rechte in die Charta integriert, damit die
vorhersehbaren Risiken einer beschleunigten Armutsspirale vermieden werden.
2. Die Präambel einer europäischen Verfassung muss zuallererst den "Grundsatz der Verbesserung der Lebens- undArbeitsverhältnisse
und deren Angleichung nach oben" enthalten. Dieser Grundsatz aus den Römischen Verträgen (Art.117) ist von der Forderung nach
Wettbewerbsfähigkeit in der Einheitsakte (1986) und dem Vertrag von Maastricht (1992), sowie denVerträgen von Amsterdam und Nizza verdrängt
worden.
Nur auf der Grundlage der klaren und uneingeschränkten Bekräftigung dieses Grundsatzes
kann die Forderung des Netzwerks der Märsche gegen Erwerbslosigkeit, ungeschützte Beschäftigung und Ausgrenzung nach einem europaweiten
garantierten, existenzsichernden Mindesteinkommen berücksichtigt werden, das in Abhängigkeit von dem in jedem Land erwirtschafteten Reichtum eine untere
Einkommensgrenze fixiert, unter die niemand fallen darf. Die Europäischen Märsche haben diese Einkommensgrenze auf 50% des Bruttoinlandsprodukts pro
Kopf festgelegt.
2. Der Euro
In weniger als einem Jahr stellen 12 von 15 Ländern der EU ihre Landeswährung auf den Euro
um. Für die Erwerbslosen und prekär Beschäftigten bedeutet das: Wenn man am Rand des Existenzminimums lebt, kann der kleinste Umrechnungsfehler
fatale Folgen haben.
Der Euro ist nicht mehr aufzuhalten. Aber die Umstellung "im Schweinsgalopp" (innerhalb von
nur zwei Monaten) muss zumAnlass genommen werden, die hinter der EU von Maastricht, Amsterdam und Nizza stehende neoliberale Logik aufzuzeigen. Der
Übergang zum Euro wird dutzenden Millionen Menschen bewusst machen, was die EU wirklich ist. Gerade jetzt kommt es darauf an aufzuzeigen, dass ein anderes
Europa möglich ist. Deshalb sollen u.a. die Vorbereitungen zu einer europäischen Verfassung aus nächster Nähe verfolgt und alles getan werden,
damit die Forderung nach einem sozialen und demokratischen Europa sich in der Debatte darum Gehör verschaffen kann.
3. Ungeschützte Beschäftigung
Während die Regierungschefs der EU Erfolge in der Zurückdrängung der
Massenerwerbslosigkeit behaupten Erfolge, die durchaus widersprüchlich und anfechtbar sind nehmen die Billigjobs überall massiv zu. In
Lutterbach wurde eine Arbeitsmethode entwickelt, die erlauben soll, eine Übersicht über die ungeschützte Beschäftigung in Europa (mindestens in
den Ländern, in denen wir präsent sind) zu erreichen. Dafür sollen bestehende Studien (von Regierungen, Gewerkschaften, Verbänden,
Wissenschaftlern...) zusammentragen und entlang eines Fragekatalogs ausgewertet werden. Das Ziel ist, bis Ende November in allen Sprachen der
Erwerbslosenversammlung ein Dokument vorzulegen, das der Vorbereitung derVersammlung dient.
Die nächste Erwerbslosenversammlung ist für den 12. und 13.Dezember in Brüssel
vorgesehen; angestrebt sind 400 Teilnehmende. Europäische Gewerkschaften und Netzwerke sollen eingeladen werden.
Anlässlich des Gipfeltreffens in Gent und Lüttich am 18. und 19.Oktober wird erwogen, einen
weiteren europäischen Aktionstag durchzuführen, zumal er mit dem Weltarmutstag am 17.Oktober zusammenfallen würde.
Angela Klein
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