Sozialistische Zeitung |
Was haben französischer Edelschimmelkäse und McDonalds miteinander zu tun? Sehr viel, meinte José
Bové. Für den Widerstand gegen den Import von hormonbehandeltem Rindfleisch aus den USA wurden die Europäer mit einen Zoll auf Roquefort
bestraft, dessen Preis sich damit verdoppelte. Ein herber Schlag für die amerikanischen Feinschmecker, aber eine Katastrophe für die kleinen
französischen Schafzüchter und Käsefabrikanten. So hatten sie sich freien Welthandel nicht gedacht.
Eine McDonalds-Baustelle wurde, weil McDonalds für das System der industriellen
Landwirtschaft und der Lebensmittelindustrie steht, für eine symbolhafte Aktion ausgewählt. In der Presse wurde das am folgenden Tag so dargestellt, als ob die
aufgebrachten Bauern alles mit dem Bulldozer plattgemacht hätten, wo es in Wirklichkeit eine geringe Sachbeschädigung gegeben hatte. Alles hatte zudem
unter den Augen der Polizei stattgefunden und die Fertigstellung nicht nennenswert verzögert. Aber fünf Bauern wurden angeklagt.
Doch der Prozess, in dem die renitenten Schafzüchter abgestraft werden sollten, bewirkte das
Gegenteil. Als José Bové demonstrativ in den Knast ging, schlug ihm eine Welle der Sympathie nicht nur aus Frankeich entgegen. Man hatte verstanden. Hier
ging es um das Recht auf anständiges Essen, das unter anständigen Bedingungen hergestellt wird, gegenüber dem "malbouffe", einer
spontanen Wortschöpfung von José Bové. Diese wurde sofort übernommen, denn sie charakterisiert "eine Landwirtschaft, die ihre
Produktionsprozesse fortlaufend zu Lasten des Geschmacks, der Gesundheit, der kulturellen und territorialen Integrität der Erzeugnisse rationalisiert".
McDonalds wurde mit Bedacht gewählt, denn er ist das Paradebeispiel der Standardisierung
der Nahrungsmittel und weltweiten Gleichschaltung der Geschmacksnerven.
In einer deutscher Übersetzung liegt jetzt das Buch* vor, in dem José Bové zusammen
mit François Dufour, seinem Freund und Kollegen aus der Bauerngewerkschaft Confédération Paysanne die Hintergrundinformationen dazu liefert. Sie sind
eben nicht die hinterwäldlerischen Schafzüchter, die mit dem Wahrnehmungshorizont ihrer heimischen Scholle eine aussichtslosen Kampf gegen den Fortschritt
führen, sondern ausgesprochen politisch denkende Köpfe.
José Bové hat es über die Kriegsdienstverweigerung in den Larzac verschlagen, ein
entvölkertes Gebiet, das dem Militär abgetrotzt wurde. Hier sind traditionelle Landwirtschaft und linkes Gedankengut eine Synthese eingegangen, die ihre
Sprengkraft in diesen Tagen unter Beweis stellt.
Als José Bové nach Seattle zu den Aktionen gegen die Welthandelskonferenz fuhr, empfingen
ihn begeisterte Berufskollegen. Kleine Farmer, die gegen das Diktat der Agroindustrie daran festhalten, hochwertige Lebensmittel zu erzeugen. Er war der Star beim
Weltsozialgipfel in Porto Alegre, wo er die gemeinsamen Interesse der ländlichen Bevölkerung weltweit verkörperte. Für José Bové
füllt das Ausschalten der verantwortlich agierenden Landwirte zugunsten des "Produktivismus" nur die Kassen der weltweit agierenden Agrar- und
Lebensmittelkonzerne, und geht auf Kosten der Gesundheit und der Umwelt. Wenn anhand französischer Beispiele dargestellt wird, wie die Bauern seit Jahrzehnten
systematisch in die Falle des "Produktionismus" getrieben wurden, darf man statt Bretagne auch Oldenburger Land lesen.
Zehn "Grundsätze einer bäuerlichen Landwirtschaft" runden das Buch ab. Sie
könnten auch in Deutschland die Leitlinien einer nachhaltigen Agrarpolitik sein. Leider gibt es in Deutschland noch keine kämpferische Bauernopposition, die
sich wie die Confédération Paysanne mit fantasievollen Aktionen und zivilem Ungehorsam für die Interessen der Bauern und der Gesellschaft einsetzt
und am Bündnis mit den Verbrauchern interessiert ist. So sind wir wieder einmal auf den theoretischen Input von der anderen Seite des Rheins angewiesen. Die im
Anhang aufgeführten Internet- und E-Mail-Adressen werden helfen, die Kontakte und den Informationsaustausch zu intensivieren.
Roland Schnell
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