Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.09 vom 25.04.2001, Seite 2

Norbert Blüm

Herz-Jesu-Marxist gibt auf

Norbert Blüm, den Franz-Josef Strauß einen Herz-Jesu-Marxisten nannte, will nicht mehr für den Bundestag kandidieren. 16 Jahre lang war er in der CDU-Regierung von Helmut Kohl Arbeitsminister. Als die Staaten, die sich sozialistisch nannten, zusammenbrachen, sagte er triumphierend: "Marx ist tot — Jesus lebt."
Jetzt aber fragt er sich: "Wie sieht soziale Marktwirtschaft in einer globalen Wirtschaft aus? Wenn ich Ludwig Erhard richtig verstanden habe, gehören zur sozialen Marktwirtschaft nicht nur Wettbewerb und Leistung, sondern auch sozialer Ausgleich und Solidarität. In Russland und Amerika können Sie sehen, wohin Marktwirtschaft ohne Sozialstaat führt. Der Wohlstand der Russenmafia ist an der Riviera zu besichtigen. In den USA kann ein Drittel der Arbeitnehmer nicht von seinem Lohn leben."
Dort lebt offensichtlich Jesus ebenso wenig wie in der CDU, von der Blüm sagt: "Früher haben wir gemeinsam gegen die Vergesellschaftung der Wirtschaft gekämpft. Heute sehe ich auch in der CDU die Gefahr einer Verwirtschaftlichung der Gesellschaft. Das neue Leitbild ist der Homo oeconomicus, ein Typ, der Tag und Nacht seinen maximalen Nutzen kalkuliert. So ein Rundumkalkulator ist doch reif für die Verrücktenanstalt."
Als vor vielen Jahren ein Gewerkschafter, Mitglied der SPD, zu Norbert Blüm sagte: "Du bist zwar ein feiner Kerl und guter Gewerkschafter, aber in der falschen Partei, fragte er ihn zurück: "Bist du denn in der richtigen Partei?"
Als er jetzt vom Stern gefragt wurde, wie lange er noch in der CDU bleiben werde, sagte er: "Ich fühle keine Versuchung, mich von der Schickimicki-SPD anwerben zu lassen, oder von einer Grünen-Bewegung, die ihre Überzeugungen längst dem Machterhalt geopfert hat … In der CDU bin ich zu Hause, weil für mich die CDU immer noch einen Vorrat an Selbstverpflichtung hat, der sich aus dem C [Christlich] ergibt. Einer solchen Partei muss es nicht nur um Management, sondern auch um Wertvorstellungen gehen, sonst wäre das Verrat am C."
Wenn Jesus weder im "demokratischen" Russland noch in den USA oder in der CDU lebt, vielleicht versucht es Norbert Blüm dann doch noch mit Marx? Die von ihm erstrebte Gesellschaftsordnung in der die Unterdrückung von Menschen durch den Menschen aufgehoben ist, dürfte der Bergpredigt von Jesus doch wohl sehr nahe sein.

Jakob Moneta

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