Sozialistische Zeitung |
Die Vereinigung SPD-KPD nach 1945 in der Sowjetischen Besatzungszone und Ostberlin war ein ebenso legitimer Vorgang, wie die
Gewerkschaftseinheit in ganz Deutschland. Vornehmlich als Lehre aus der Hitlerdiktatur, die wesentlich mit deshalb zustande gekommen war, weil sich die
Arbeiterbewegung im Bruderkampf zerfleischte, hatten bald nach 1933 erst Sozialdemokraten, dann auch Parteikommunisten auf eine Einheitsfront mit Aussicht auf Fusion
hingewirkt.
1945 geschah das ebenfalls am stärksten auf SPD-Seite, während die KPD-Führung
Moskaus Weisungen entsprechend zunächst bremste. Sie hoffte auf die Entwicklung der eigenen zur größten Partei. Doch bekam auch in der
Sowjetischen Besatzungszone die SPD stärkeren Auftrieb. Gleichzeitig brachten Wahlen am 4. und 25.11.1945 in Ungarn bzw. Österreich den Kommunisten
Misserfolge. Überall hatten sich Sowjetsoldaten durch Ausschreitungen hervorgetan, ihre Kommandanten Zwangsmaßnahmen gegen Teile des Volkes
angewandt, während die Kommunistischen Parteien als Helferinnen der Besatzer fungierten.
Der beginnende Vertrauensverlust veranlasste die KPD-Spitze im Herbst 1945 zur Kampagne für
Vereinigung mit den Sozialdemokraten. In den Westzonen wurde der Prozess durch die Militärregierungen und das "Büro Schumacher" abgeblockt.
In Westberlin erreichte die SPD eine von ihr vergebens auch für die Ostzone verlangte Urabstimmung. Sie ergab am 31.3.1946 eine Mehrheit gegen die sofortige
Vereinigung und gleichzeitig für ein Bündnis mit der KPD, das nie zustande kam. Innerhalb der SBZ trug massiver, nach Instruktionen Stalins für
Ulbricht am 26.2.1946 neuerlich verstärkter Druck der Besatzer und parteikommunistischer Funktionäre auf die Sozialdemokraten dazu bei, dass die
Einheitsanhänger die Oberhand behielten. Das Drängen, Lehren aus der Geschichte zu ziehen, war echt, wurde aber z.T. missbraucht. Zu den Innovationen
für die Vereinigung zählten der Artikel Anton Ackermanns (KPD) für einen besonderen deutschen, nicht den sowjetischen, Weg zum Sozialismus, die
Verbannung von Lenin- und Stalinbildern zugunsten solcher von Marx, Engels, Bebel, Wilhelm Liebknecht und Rosa Luxemburg aus Konferenz- und
Parteitagsräumen, die paritätische Besetzung der Posten mit Kommunisten und Sozialdemokraten und die demokratische Gestaltung von Statut und
Parteiprogramm.
Rechtzeitig vor dem 1.Mai lief am 21./22.4.1946 im Gebäude der Staatsoper zu Berlin der
Vereinigungsparteitag ab. 680000 Sozialdemokraten und 620000 Kommunisten wurden SED-Mitglieder. Grotewohl, bisher Vorsitzender der SPD, erklärte, die neue
Partei werde mehr als andere die menschliche Persönlichkeit achten und bald so viel Macht haben, "dass wir auf die Bajonette der Russen nicht mehr
angewiesen sind". Moskaus starker Mann bei der KPD, Ulbricht, sprach von einer "Neugeburt der deutschen Arbeiterbewegung".
Nach der Stalinisierung ab 1948 war es mit der SED als linker sozialistischer Volkspartei zu Ende.
Sozialdemokraten und Kommunisten alter Schule wurden ebenso wie aufmüpfige Nachwuchskader drangsaliert, verfolgt oder umgeschult, bis die "Partei neuen
Typus" 1949 perfekt war (und am 17.Juni 1953 mitsamt ihrer glorreichen Führung voll versagte). Das aber gehört in ein anderes Kapitel.
Fred Wilm
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