Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.11 vom 23.05.2001, Seite 14

Viele Schöne Pirouetten

Da die Leute von der Dassel- und nicht etwa von der Dusselstraße kommen, wissen sie von der Macht des Buchstaben. Ein kleiner Platzwechsel macht z.B. aus einer SPD eine PDS und umgekehrt, wobei gerade die letzten Tage zeigen, dass immer unklarer wird, wer da wem und was da was Platz macht, Hauptsache die Macht behält Platz.
Viel schlauere Piktogramme erstellen die "mehr als ein dutzend Freundinnen und Freunde, Redakteure und AutorInnen" der SoZ. Nachdem die vergeigten Superpläne, die sich in der Vereinigten Sozialistischen Partei zur Revolutionierung der Welt aufmachen wollten, nur noch als verlegen stotternde Phrasen daherkamen, wurde schnell die Vereinigung für Sozialistische Politik herbeigekürzelt. Doch auch hier versagten sämtliche Projekte. Also musste sich noch einmal abgeduckt werden: aus groß mach klein, und der Verein für solidarische Perspektiven ward geboren.
Vielleicht sollten Politiker nicht zu sehr an Etiketten kleben, denn wenn auch diese vielen schönen Pläne in der Versenkung selbstironischer Pleiten verschwinden, dann bleibt nur noch der Marsch vereinzelter sozialkritischer Pilger. Vor solchen Perspektiven kann nur gewarnt werden, denn für vierzehntägige sozialistische Publikationen wird dann verdammt schnell Pinkepinke und anderer Kleinkram fehlen. Ein verlängerter Scheidungsprozess zur Trennung von Vielrednern, Schwätzern und Phrasendreschern in den eigenen Reihen entfernt gründlicher von seriöser Politik als eine nicht nur gut anzusehende, sondern vielleicht sogar pädagogisch wirksame virtuos scharfe Polemik.
Zum Erhalt der verbliebenen sozialistischen Power empfehle ich dem VsP deshalb erst einmal einen virulenten Sprungpurzelbaum nach vorn. So könnte, den nötigen Mut und Risikofreude vorausgesetzt, zunächst eine Partei voller Sehnsüchte entstehen. Wer keinen Mut zum Träumen hat, hat keine Kraft zum Kämpfen. Die dann folgende Übung wird später als ein Prozess verantwortungsbewusster Streiterei empfunden werden, zunächst aber auch Peinlichkeiten, Verlegen- und Schüchternheiten bloßlegen. Wird die ganze Sache dann nicht nur ein wenig gerüttelt, sondern kräftig gerührt, könnte ein echtes Projekt sozialistischer Veränderung erkennbar werden. Und nach weiteren, auch unter Aspekten des ästhetischen Minimalismus geführten Selbstkorrekturen taucht die Partei vom/zum/für/des Sozialismus auf. Ja, und weil dieses Ungetüm neue Kompliziertheiten fürchten lässt, genügt dann nur noch eine kleine Drehung, deren Richtung fast egal ist, und vor uns steht die Sozialistische Partei. Da bricht der Breitmaulfroscheffekt vollends durch und alle rufen mit spitzen Lippen gegen die virtuellen und tatsächlichen Störche: Die gibt es hier ja gar nicht.
Erst jetzt, werter Verein, ist die Bühne frei für volle sinnliche Phantasie; verflucht schwierige Pfade; vergnügliche Selbstparodien und, wenn das Alphabet so will, auch für vereinte solidarische Perspektiven.
In perspektivisch solidarischer Vereinigung und im Verein mit perspektivischer Solidarität verneigt sich —

Thies Gleiss

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