Sozialistische Zeitung |
Nachdem die Welthandelsorganisation (WTO) bereits vor einigen Monaten beschlossen hatte, ihre für kommenden Herbst geplante
Konferenz im Golfemirat Qatar vor den zu erwartetenden Protesten zu "verstecken", erwischte es nun die Weltbank. Am 19.Mai hat sie ihre in Barcelona vom
25. bis 27.Juni geplante Konferenz abgesagt.
"Eine Konferenz zur Reduzierung der Armut sollte in einer friedlichen Atmosphäre
stattfinden, frei von Gewalt und Einschüchterung", begründete Caroline Anstey, Pressesprecherin der Finanzinstitution, mit Blick auf angekündigte
Proteste diese Absage. "Trotz unserer Versuche mit den Gruppen, die Demonstrationen planen, ins Gespräch zu kommen und sie in die Konferenz zu
integrieren", wollten "viele der Gruppen nicht mit der Absicht nach Barcelona kommen, um an der Debatte teilzunehmen oder konstruktive Beiträge zu
leisten, sondern um das Treffen zu sprengen", erklärte Anstey.
Die Weltbank wolle den zahlreichen Wissenschaftlern, die an der Konferenz über Entwicklung und
Wirtschaft teilnehmen sollten, "eine solche Situation nicht zumuten", behauptete ausgerechnet die Pressesprecherin jener Institution, die nach Aussagen ihres
ehemaligen Chefökonomen, Joseph Stiglitz, Volksaufstände in von ihren Strukturanpassungsprogrammen betroffenen Ländern durchaus in Kauf nimmt.
Um dann im Namen der Bretton-Woods-Institutionen demokratische Grundrechte einzuklagen: "Es ist an der Zeit, gegen die Bedrohung der freien
Meinungsäußerung Stellung zu beziehen", meint Anstey.
Die Pressesprecherin beteuerte, dass sie volles Vertrauen in die spanischen Sicherheitskräfte und
Behörden hätte. Dennoch sei der Preis, der mit den zu erwartenden Störungen einher ginge, zu hoch für diesen wissenschaftlichen Austausch. Nun
sei geplant, die Konferenz online zu führen.
"Vor Jahren haben die Menschen Bücher verbrannt und wollten so gegen die akademische
Freiheit vorgehen nun wollen sie Wissenschaftler davon abhalten, ihre Konferenzzentren zu erreichen", klagt Anstey in Anspielung auf die
Bücherverbrennungen der Nationalsozialisten. Aber zum Glück gebe es das Internet, wo heute die akademischen Debatten geführt werden
könnten.
Das freilich sehen Aktivisten in diversen Internetforen anders: Eine Online-Konferenz wäre
eigentlich einfacher zu hacken als ein Konferenzzentrum zu stürmen, so der Tenor zahlreicher Wortmeldungen. Globalisierungsgegner sprechen im Zusammenhang
mit der Absage von Barcelona ohnedies von einer "gewonnenen Schlacht, ohne dass sich auch nur ein Demonstrant gezeigt hätte".
Angeblich sei das Treffen aus Sicherheitsgründen abgesagt worden, heißt es im
Informationsbulletin des internationalen Netzwerks von ATTAC, "doch in Wirklichkeit haben sie nichts zu sagen und zu diskutieren als die alten Rezepte, die wir
schon längst kennen". Die Absage der Konferenz sei ein Beweis für die "politische Leere" dieser Institution.
Die nächste internationale Massenmobilisierung wird es laut ATTAC zum Treffen der G7 Ende Juli
im italienischen Genua geben, zu dem das Netzwerk mehr als 100.000 Demonstranten erwartet. Mittlerweile ist sogar die Rede von einem "europäischen
Seattle". Und in Österreich läuft die Mobilisierung für die Anti-WEF-Proteste in Salzburg vom 30.Juni bis 3.Juli ebenfalls bereits auf Hochtouren.
Gerhard Klas
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