Sozialistische Zeitung |
Der italienische Aufruf zu Genua ist so geschrieben, dass er ein möglichst breites Spektrum an Aktiven auffordert, sich an den
Aktivitäten gegen den G8-Gipfel zu beteiligen. In Anbetracht der schreienden sozialen Ungleichheit auf der Welt, der Vergeudung und Zerstörung von
Ressourcen und der krassen Armut, besonders von Kindern, lädt der Aufruf all jene, die für soziale Gerechtigkeit, Solidarität, gerechte und nachhaltige
Entwicklung eintreten, dazu ein, zusammenzutreffen, um die eigenen Vorhaben bekannt zu machen, die internationale Kooperation zu verstärken und ein neues
Denken zu entwickeln, das zum herrschenden kulturellen Modell einen Kontrapunkt setzt.
Die Thematiken, die das Bündnis Genoa Social Forum beim Gegengipfel auf die Tagesordnung
setzen und in die Öffentlichkeit bringen will, sind jedoch sehr radikal:
l Das Bündnis fordert die sofortige Einfrierung der Strukturanpassungspläne von IWF und
Weltbank und die Schließung dieser beiden Institutionen, weil sie nicht reformiert werden können. Für die Schäden, die den Ländern des
Südens durch ihre Politik entstanden sind, müssen Entschädigungen geleistet werden. Nur zu diesem Zweck können diese Institutionen weiter
existieren.
Das Bündnis hat auch vorgeschlagen, daß im Verlauf des Gegengipfels die Praktiken weiterer
Finanzinstitute unter die Lupe genommen werden so die Institute, die Exportkredite (Hermesbürgschaften) zur Verfügung stellen oder garantieren, und
Investmentfonds. Es muss nachgedacht werden über eine andere internationale Finanzarchitektur, die demokratisch ist und im Dienst des sozialen Wohlergehens der
Menschen und einer sauberen Umwelt.
Der Privatisierungspolitik wird auf breitere Front der Kampf angesagt. Darunter fällt auch die
Einführung der Tobin Tax (der Steuer auf Devisenhandel und Spekulationen), der Kampf gegen die Steuerparadiese und gegen die Verallgemeinerung der
Pensionsfonds.
Das Bündnis behauptet den Primat der Politik über die Ökonomie und die kollektive
Bestimmung des sozialen Nutzens wirtschaftlicher Aktivität.
Das Konzept öffentlicher Wirtschaft muss neu definiert werden, es darf nicht in der
Gegenüberstellung private vs. staatliche Wirtschaft steckenbleiben. Des gleichen muss festgelegt werden, welche Gemeinschaftsgüter nicht verhandelbar sind
und deswegen auch nicht Gegenstand von Handelsverträgen sein können. Auch diese Fragen soll der Gegengipfel eingehender behandeln.
Die Hauptforderung zur Beseitigung der Schulden lautet: Schuldenstreichung jetzt! Ohne wenn und aber.
Die Schuldenfrage soll aber nicht isoliert, sondern als Schlüssel für eine ganze Reihe anderer Probleme angegangen werden: Flucht und Migration,
Umweltzerstörung, Ausbeutung von Frauen, Verletzung von Menschenrechten, extreme Armut, der Raubbau an öffentlichen Bildungssystemen und
Gesundheitsversorgung, u.v.a.
Das Thema Arbeit und Globalisierung wird in Genua einen breiten Raum einnehmen; die beteiligten
Gruppen stützen sich dabei auf das Dokument, das die sozialen Bewegungen in Porto Alegre verabschiedet haben, und wollen es weiterentwickeln. Es gibt einen
breiten Grundkonsens hinsichtlich der Analyse und Bewertung der Entwicklungstendenzen, die Herstellung gemeinsamer Handlungsfähigkeit hingegen ist schwer und
erfordert besondere Aufmerksamkeit. Es soll deswegen in Genua ein Schwerpunkt werden.
Das Public Forum findet vom 16. bis 22.7., jeweils von 10 bis 24 Uhr statt.
Es soll eröffnet werden mit der Vorstellung der P8 der acht ärmsten Länder der
Welt: Sierra Leone, Äthiopien, Tanzania, Burundi, Rwanda, Mosambik, Malawi, Jemen.
Thematische Schwerpunkte sind: Schulden, Kampf gegen die Armut, Gender, Bürger- und
Menschenrechte, Krieg und Frieden, Tribunal über die großen Verbrechen der derzeitigen Weltordnung (Klima, Zugang zu Arzneimitteln, genmanipulierte
Nahrungsmittel, Lebensmittelsicherheit), Finanzordnung, "Die Welt ist keine Ware", kritische Begleitung der Arbeit der G8, die globale Bürgerschaft,
Arbeit, Gemeinwohl, ökologische und soziale Schuld, globale Demokratie, Handel, Lachen und Kultur, Wissen und Bildung, Landwirtschaft.
Parallel zu diesen gemeinsamen Themen ist Zeit und Raum für selbstorganisierte Foren vorgesehen.
Am Schluss kommt Bilanz des Gegengipfels und neue Rendez-vous.
Ähnlich wie Porto Alegre soll Genua der Ausgangspunkt einer koordinierten internationalen
Reflexion sein, die gemeinsam über den Mobilisierungsanlass hinaus verfolgt wird; dazu gehört, dass am Ende einige Kampagnen formuliert werden, die die
Bewegungen zu bestimmten Themen und Forderungen zusammenführen sollen.
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