Sozialistische Zeitung |
Trier, die Geburtsstadt des laut BBC-Umfrage im Internet zum "Denker des Jahrtausends" erklärten Karl Marx, ist in den
letzten Jahren immer wieder durch kuriose Verquickungen des real existierenden Materialismus mit christlichem Aberglauben hervorgetreten.
Der Chef des Fürsorgeverbands Caritas, Herr Doerffert, muss sich seit langem vor Gericht
verantworten, weil er die eigene Fürsorge und die seiner bevorzugten Schäfchen aus Mitteln, die er anderen Menschen aus der Tasche bettelte, weiter getrieben
hat, als der Staatsanwalt erlaubt. Sein Propagandachef, der jetzt pensionierte Bischof Spital, streitet sich bis heute mit der Taz vor Gericht, ob behauptet
werden darf, er, der Bischof, hätte eine Vorliebe für schnelle Autos und würde heimlich in einem Ferrari durch die Stadt rasen. Vor Gericht ließ
der Oberpfaffe mitteilen, sein Wagenpark hätte niemals die von Alfa Romeo und Audi gesetzten Grenzen überschritten und ein Testarossa wäre allemal
ein fahrbarer Untersatz, "der für Leute ist, die nicht wissen, was sie mit ihrem Geld machen sollen".
Für die restlichen Leute ist in Trier u.a. der DGB zuständig. Dessen Hauptquartier lag seit
hundert Jahren in der Petrusstr. So pulsierte die Arbeiterbewegung in Petrus Schoß, und der DGB-Trier konnte in der Eindämmung des
Mitgliederrückgangs bei den deutschen Gewerkschaften eine landesweite Spitzenstellung einnehmen.
Aber in diesem Frühjahr war endlich eine kostengünstige Immobilie gefunden, wo ein neues
Gewerkschaftshaus beheimatet werden konnte. Von Petrus gings in die Herzogenbuscher Str. Und damit niemand bei diesem religiösem Abstieg ins Rutschen komme,
sollte das neue Haus der Gewerkschaften vom Bischof eingesegnet werden. Aufgekreuzt ist immerhin ein Diakon der katholischen Kirche, der seinen Segen über die
Zentrale des Klassenkampfs zwischen Mosel und Saar schleuderte.
Alles hätte gut werden können, eine kleine deutsche Spitzenauslese der Befreiungstheologie
stand davor, in alle hingehaltenen Gläser ausgeschenkt zu werden. Die Provinzpresse war nicht mehr nur trierisch, sondern tierisch stolz auf die devoten
Arbeiterbürokraten beim DGB und die pädagogischen Pfaffenknechte, ob deren Eintracht.
Aber immer wenn es am schönsten ist, kommt die Wirklichkeit und macht einen Strich durch die
Rechnung oder holt einen sonst wie aus der Traumwelt. Heute stellt sich heraus, der Diakon, der sich zum Einsegnen einfand, war gar keiner. Ein schnöder
Betrüger, Hochstapler und Gaukler hatte sich der Arbeiterklasse an den Hals geschmissen.
Und nun sprießen die Interpretationen: ist ein kirchlicher Segen, ansonsten der bigott-
schwülstige Erguss einer abergläubischen Sekte, nicht erstmals ein echter Solidaritätsbeweis, wenn er zum Zwecke der Befriedigung einer
Kleingaunerlust zelebriert wird? Minus mal Minus gleich Plus. Gibt der DGB dessen "Rechtsschutz-GmbH" auch in dem neuen Haus mit unechtem
Segen residiert, dem falschen Diakon bei seinen bevorstehendem Gerichtsverfahren Rechtsschutz? Schließlich ist er im Einsatz für die Gewerkschaftsbewegung
ins Räderwerk der staatlichen Repression und der Schikanen seines Arbeitgebers gekommen. Wird jetzt auch eine Delegation des DGB in die Trierer Kirchen gehen
und zur heiligen Stunde laut den proletarischen Segen verkünden: "Kampf dem Kapital, alles andere ist egal!"? Oder sollten etwa pfiffige Gaukler die
Sache im Namen des DGB selbst in die Hand nehmen?
Wir werden die Sache weiter verfolgen.
Thies Gleiss
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