Sozialistische Zeitung |
Die von den Grünen als "Kompromiss" bewertete Einigung mit Schily über sein "Anti-Terror-Paket II" korrigiert im
Wesentlichen nur die Teile, die vermutlich ohnehin vor dem Verfassungsgericht gescheitert wären. Gegen Schilys Absicht, alle Flüchtlinge und MigrantInnen zur Nennung ihrer
Religionszugehörigkeit zu verpflichten, und gegen seinen Plan, dem BKA auch Ermittlungen ohne konkreten Verdacht auf Straftaten zu erlauben, waren Datenschützer,
Justizminister und Fachverbände Sturm gelaufen. Dass Schily jetzt davon Abstand nimmt, ist vor allem ein Ergebnis dieser Proteste.
Trotzdem bleibt die Grundstruktur des Pakets erhalten. Das BKA wird weiter Richtung Bundespolizei ausgebaut, die
Länderhoheit in Polizeifragen untergraben. Die Geheimdienste dürfen künftig jederzeit Millionen Personendaten aus dem Ausländerzentralregister abrufen, ebenso die
Daten sämtlicher 16.000 Ausländervereine. Auch die Auskunftspflicht von Banken, Post und Luftunternehmen über Konten, Postverkehr und Kundendaten an die
Geheimdienste bei bloßem Verdacht auf "Extremismus" bleibt bestehen. Damit können in Zukunft in enormem Umfang private Daten von Menschen, denen keinerlei
Straftat vorgeworfen wird, bei den Geheimdiensten landen, ohne dass die Betroffenen das erfahren und sich dagegen wehren können.
Die zeitliche "Befristung" dieser neuen Vollmachten ist vermutlich nur ein Trick. Erinnert sei an die
"Schleierfahndung" durch den Bundesgrenzschutz (BGS), angeblich gegen unerlaubte Einreisen. Auch diese Regelung, vor wenigen Jahren eingeführt, ist befristet.
Flüchtlingsgruppen und Menschenrechtler fordern wegen der vielen rassistischen Übergriffe bei den Kontrollen schon lange ihre Rücknahme. Nun wird diese Vollmacht
für den BGS ausgeweitet. Das zeigt: Was die Sicherheitsapparate dürfen, geben sie nicht mehr auf.
Auch die Erschwerung der Einreise, die Visakontrollen durch Geheimdienste, die Sprachanalysen gegen Flüchtlinge, die
neuen Abschiebemöglichkeiten und die neuen Verbotsgründe gegen Ausländervereine bleiben bestehen. Das richtet sich keineswegs nur gegen vermutliche islamische
Terroristen. Viele andere Exilgruppen, die Menschenrechtsverletzungen in ihren Herkunftsländern kritisieren, kommen nun unter Verbotsdruck.
Die Stoßrichtung bleibt: Pluralität und Multikulturalität werden abgebaut, die offene Gesellschaft wird
beschädigt und durch Festungspolitik ersetzt. Das gaukelt Sicherheit vor, beschädigt aber in Wirklichkeit nur die Freiheit.
Ulla Jelpke
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