Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.25 vom 06.12.2001, Seite 2

Im DGB rumort es

Kolumne: Jakob Moneta

Als 15000 Menschen aus Finnland bis nach Griechenland gegen die wachsende Arbeitslosigkeit in Europa in Amsterdam demonstrierten, war der DGB nicht dabei. Als 25000 in Köln zusammenkamen, hielt Franz-Josef Möllenberg zwar eine Ansprache, aber deutsche Gewerkschaftsmitglieder waren nicht zu sehen. Als 100000 in Nizza protestierten, marschierte zwar Klaus Zwickel, Erster Vorsitzender der IG Metall, in der ersten Reihe. Aber hinter ihm waren weniger Deutsche gekommen als Luxemburger.
Diesmal hat der DGB offiziell dazu aufgerufen, am 13.Dezember in Brüssel anlässlich des Treffens der Regierungschefs der Europäischen Union für ein soziales Europa zu demonstrieren. Aus ganz Europa werden mehr als 70000 Gewerkschaftsmitglieder erwartet. Manfred Wotke, Sekretär des DGB-Landesbezirks Nordrheinwestfalen ist dabei, 80 Busse mit DGB-Mitgliedern nach Belgien zu schicken.
Worum geht es bei dieser Demonstration? Manfred Wotke erklärt: "70% aller Entscheidungen des Bundestags sind nichts anderes als die Umsetzung von EU-Recht in nationales Recht. Jetzt aber entscheidet sich, welche Verfassung sich das künftige Europa geben wird und darüber darf nicht hinter verschlossenen Türen entschieden werden. Wir müssen unsere Forderungen auf die Straße tragen. Am 13.Dezember wollen mehr als 70000 Gewerkschaftsmitglieder aus ganz Europa, vor allem aus Frank-reich, den Benelux-Staaten, Deutschland und Italien in Brüssel ihrer Forde-rung nach besseren Arbeitsplätzen Nachdruck verleihen."
Als wir mahnten, nur dann "ja" zu Europa zu sagen, wenn vorher geklärt sei, welches Europa es sein solle, wurden wir belehrt, das könnten wir von "innen" besser tun. Nun haben wir ein Europa mit millionenfacher Arbeitslosigkeit, in dem alle erkämpften sozialen Errungenschaften stückweise zurück genommen werden. Die freie Konkurrenz führt zu einem mörderischen Kampf um Märkte. Sieger bleibt, wer der eigenen Arbeiterklasse die meisten Opfer aufbürdet, um so einen Wettbewerbsvorteil zu erringen.
Wenn wir zurück wollen zur internationalen Solidarität, um dem raubgierigen Kapitalismus, der nur noch daran interessiert ist, den "share-holder-value" zu steigern, Paroli zu bieten, wird es mit dieser Demonstration alleine nicht getan sein.
Merkwürdigerweise haben sich aber jetzt schon die Vorsitzenden der großen deutschen Gewerkschaften wie ver.di oder IG Metall davor gedrückt, als Redner in Brüssel aufzutreten. Sie überließen dies dem tapferen Vorsitzenden der kleinen NGG, Franz-Josef Möllenberg.
Glücklicherweise gibt es Anzeichen dafür, dass es auch im DGB rumort. So ist die DGB-Jugend bei Attac eingetreten und die DGB-Frauen gingen außenpolitisch in Opposition zu ihrem Bundesvorstand. Auf der DGB-Bundesfrauenkonferenz verabschiedeten sie spontan einen Entschließungsantrag gegen den Militäreinsatz in Afghanistan. Sie fordern die Bundesregierung auf, alles daran zu setzen, dass der Krieg in Afghanistan umgehend beendet werde. Eine politische Neuordnung Afghanistans dürfe auch nicht ohne die Gleichberechtigung der afghanischen Frauen zustande kommen.
Obwohl ver.di-Chef Bsirske meinte, man könne gegen "Massenmörder vom Schlage Bin Ladens" nicht "mit Sozialarbeitern ankommen", und damit den Militäreinsatz in Afghanistan rechtfertigte, verurteilte der Stuttgarter Landesverband den Militäreinsatz in Afghanistan. Er meinte, dass der Krieg "den Terror fördert", denn es gehe bei letzterem auch um die Verteidigung des Status quo zwischen arm und reich auf der Welt. Eine "Anpassung an den Regierungskurs" und Schweigen würden der Verantwortung von Gewerkschaften nicht gerecht. "Kaum sind die Taliban geschlagen, beginnen die USA bereits neue Kriegsziele abzustecken", heißt es zur derzeitigen Lage.
Und wenn Zwickel schreibt: "In der nächsten Tarifrunde muss es für die Arbeitnehmer spürbar mehr Geld geben", ist damit ein erneuter Konflikt mit Bundeskanzler Schröder angesagt.

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