SoZ Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Februar, Seite 1

Schröders offene Rechnungen

"Wenn ich in meiner Amtszeit die Arbeitslosenzahlen nicht um die Hälfte senken kann, bin ich nicht wert, wiedergewählt zu werden." So oder ähnlich beschrieb Gerhard Schröder zu Beginn der Legislaturperiode den Maßstab, an dem er gemessen werden wollte. Nun wird er beim Wort genommen. Die konservative und liberale Opposition lässt sich die Steilvorlage nicht entgehen, um mit markigen Sprüchen zu verdecken, dass sie vieles nicht anders, aber radikaler machen würde als die SPD- Grünen-Regierung.
Der Bankrott der herrschenden Politik ist offensichtlich. Krieg, Arbeitslosigkeit und die Beerdigung demokratischer Rechte werden das Kainsmal der SPD-Grünen-Regierung bleiben. Auf all diesen Gebieten hat sie eine Politik angestoßen, die eine Regierung Stoiber nur zu radikalisieren braucht, um sie fortzusetzen. Auf Regierungsebene scheinen neoliberale Wirtschaftspolitik, die Militarisierung der Außenpolitik und eine autoritäre Innenpolitik ohne Alternative.
In der Gesellschaft sieht es etwas anders aus. Die Gewerkschaften fühlen sich gedrängt, vorsichtig auf Distanz zu gehen. Das "Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit" — von der Regierung als ein zentrales Steuerungselement ihrer Politik bezeichnet, als gesellschaftspolitisches Modell, um in einer auseinanderdriftenden Gesellschaft "Konsens" zu stiften — ist ergebnislos auseinandergegangen. Die Gewerkschaften müssen sich auf einen Streik vorbereiten, wenn sie von ihren Tarifforderungen etwas retten wollen. Die Unternehmer betrachten das Bündnis als gescheitert und nehmen den Kanzler in die Mangel.
Ob die Rechtsentwicklung gestoppt und das gesellschaftliche Klima zugunsten der sozial und politisch Benachteiligten und Ausgegrenzten gewendet werden kann, wird nicht zuletzt in der Tarifrunde entschieden. Das ist mehr als eine Lohnrunde, da geht es um ein gesamtgesellschaftliches Kräfteverhältnis und damit auch um den Spielraum, den andere Bewegungen wie die gegen den Krieg, gegen Rassismus und Nazis gewinnen können.
Schon gibt es Stimmen und Initiativen, die auf Stoibers Offensive mit einer platten Wiederholung der Anti-Strauß- Kampagne 1980 reagieren. In der Version 2002 wäre sie ein schlechter Trick, die Schröder-Regierung von ihrer Verantwortung zu entlasten: die Bekämpfung der Flüchtlinge und Armen, Rückgang der unteren Einkommen und zunehmende soziale Unsicherheit, Krieg gegen Jugoslawien und Afghanistan — diese Rechnungen müssen von links präsentiert werden, damit Rechts keinen Boden gewinnen kann. In der Mitte ist jetzt kein Blumentopf mehr zu gewinnen.

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