SoZ Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, März 2002, Seite 20

‘Black Hawk Down‘

Hollywood schleift die blutige Leiche der Wahrheit hinter sich her

Zur Einstimmung der Öffentlichkeit auf einen weiteren Angriff unter dem Vorwand des "Krieges gegen den Terror" hat Hollywood einen Film über die US-Menschenrechtspolitik in Somalia im Jahre 1993 unter dem Titel Black Hawk Down produziert. Das Pentagon war so großzügig, bei der Herstellung des Films zu helfen, dessen Funktion darin bestehen soll, "der historischen Wahrheit zu ihrem Recht zu verhelfen".
Wie jedoch ein Kritiker formulierte, schleift Hollywood mit diesem Oeuvre "die blutige Leiche der Wahrheit hinter sich her". Im Film, der eine fiktive Geschichte rund um die US-Intervention in Somalia erzählt, handelt es sich dabei um eine humanitäre Mission, ein leuchtendes Beispiel der Moral und des Altruismus der Neuen Weltordnung.
Zur Erinnerung: Unter dem Deckmantel der UNO besetzten 1993 US-Marines Teile Somalias, wo ein Bürgerkrieg herrschte. Die US-Militäroperation wurde nicht nötig wegen des Elends der Somalis im Zusammenhang mit Dürre und Bürgerkrieg. Vielmehr war es der Sturz von Mohammad Siad Barre und die Machtübernahme durch Mohammad Farrah Aidid, die die Intervention auf die Tagesordnung gesetzt hatten.
Siad Barre, der in der Zeit, da der "Erzfeind" Äthiopien unter dem kaiserlichen Regime eine Bastion US- amerikanischer Interessen war, auf die UdSSR gesetzt hatte, hatte später die Fronten gewechselt und verschiedenen US-amerikanischen Ölkonzernen — CONOCO, AMACO, Chevron und Phillips — Zugang zu den vermuteten Erdölvorkommen des Landes eingeräumt. Barres Sturz durch Aidid gefährdete diese und auch die militärstrategischen Interessen der USA. Unter dem Vorwand, den "bösen Aidid" am Stehlen der Lebensmittellieferung für die Bevölkerung zu hindern, versuchte die UNO als verlängerter Arm der USA, Aidid zu entmachten und eine Koalitionsregierung aus prowestlichen Clanchefs zu installieren. Dem leistete Aidid allerdings unerwartet starken Widerstand.
Black Hawk Down basiert auf einer im Philadelphia Inquirer erschienenen Dokumentarserie von Mark Bowden. Der jedoch hatte geschrieben: "Task Force Ranger war nicht in Mogadishu, um die Hungernden zu füttern. Innerhalb von sechs Wochen, von Ende August bis zum 3.Oktober, führte sie sechs Operationen durch und griff Orte an, an denen sie entweder Aidid oder seine Unterführer vermutete. Die Operation, die zur Schlacht von Mogadishu führte, kam weniger als drei Monate nach einem Überraschungsangriff von US-Hubschraubern mit Raketen auf ein Treffen von Aidids Klanmitgliedern. Der Raketenangriff führte zum Tod von 50 bis 70 Klanältesten und Intellektuellen, viele von ihnen Gemäßigte, die nach einem friedlichen Übereinkommen mit der UNO suchten. Nach dem Hubschrauber-Angriff vom12.Juli befand sich Aidids Klan offiziell im Krieg mit Amerika."
Offiziell wird geschätzt, dass es allein im Sommer auf somalischer Seite 6000—10000 Todesopfer gab, zwei Drittel davon Frauen und Kinder. Marine Generalleutnant Anthony Zinni, der die Operation leitete, informierte die Presse: "Ich zähle keine Leichen . Ich bin nicht interessiert."
Zur Produktion der uninteressanten Leichen gehörten direkte US-Angriffe auf ein Krankenhaus und auf Treffen von Zivilisten. Dieser Abschnitt des Kampfes für die Menschlichkeit der Neuen Weltordnung fand seinen Abschluss, nachdem in der Schlacht in Mogadishu am 3.Oktober zwei Black-Hawk- Hubschrauber abgeschossen worden, 18 US-Soldaten gefallen waren und das Fernsehen weltweit die Szene ausstrahlte, in der einer von ihnen von jubelnden Somalis über die Erde geschleift wurde. Daraufhin beendete Präsident Clinton sofort den Feldzug. Auf somalischer Seite hatte es zwischen 500 und 1000 Tote gegeben.
Jetzt ließ man in Hollywood den Produzenten Jerry Brookheimer ans Werk, der sich bereits mit dem Film Pearl Harbor um eine patriotische Geschichtsklitterung verdient gemacht hat. Laut CNN-Filmkritiker Paul Tatara hat er mit Black Hawk Down einen der gewalttätigsten Filme, der je von einem führenden Studio gemacht worden ist, produziert. Tatara zufolge können die Zuschauer "tapfere und unschuldige amerikanische Jungs" sehen, die "ohne Grund" von "verrückten schwarzen Islamisten" beschossen werden, denen die Amerikaner gerade zu helfen versuchen. Black Hawk Down spricht die gewalttätigsten Elemente der gewalttätigen US-Gesellschaft an. Viele, die den Film gesehen haben, berichten, sie hätten das Kino mit einem Bauch voll Wut und dem Wunsch "irgendwen in den Arsch zu treten" verlassen.

Anton Holberg

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