SoZ Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Mai 2002, Seite 1

Bush in Berlin

Als der 1.Mai auf dem Internationalen Sozialistenkongress in Paris 1889 als internationaler Kampftag der Arbeiterklasse beschlossen wurde, war er gedacht als eine weltweite Kampagne der Arbeiterklasse für die Durchsetzung des 8-Stunden-Tags. Damals war es für Arbeiter selbstverständlich, dass sie Probleme wie Arbeitszeitverkürzung und Angleichung der Löhne und sozialen Standards nach oben nur im internationalen Rahmen würden erkämpfen können. Solidarität war unteilbar und erst diese Unteilbarkeit bot die Chance, Alternativen zu denken und zu erkämpfen.
Heute wird die Fahne des Internationalismus von Bauern und Landarbeitern, Globalisierungskritikern und Umweltschützern getragen. Die Gewerkschaften, obgleich auf dem Weltsozialforum in Porto Alegre präsent, tun sich schwer, einen gemeinsamen Nenner für eine weltweite Kampagne zu finden, die die "Proletarier aller Länder" gegen die Konzerne und Ausbeuter aller Welt einen würde. Viele Gewerkschaften sehen im Nationalstaat den Rahmen ihres Handelns — und handeln damit oft genug gegen die Interessen ihrer ausländischen KollegInnen. Bei Daimler in Mannheim ist man es nicht gewohnt danach zu fragen, zu welchem Lohn Kollegen bei Daimler in Argentinien arbeiten — und rührt sich auch nicht, wenn diesen unverblümt mit Werksschließung gedroht wird, sollten sie keine Lohnkürzungen hinnehmen wollen. So kann die Konzernleitung immer wieder Belegschaften erpressen, weil sie sie gegeneinander ausspielt. Der DGB, der den 1.Mai in diesem Jahr unter das Motto "Globalisierung gerecht gestalten" gestellt hat, täte besser daran, einmal konkret die Globalisierung der Produktion und die Herausforderungen zu thematisieren, die sie für die Gewerkschaften bedeutet, statt in ihrem Aufruf den Eindruck zu erwecken, mit Lobbytätigkeit bei den internationalen Institutionen seien die Probleme schon zu richten.
Am 22. und 23.Mai kommt mit George Bush der Vertreter der Weltmacht nach Deutschland, die die Globalisierung zu ihren Bedingungen durchsetzt — also die uneingeschränkte Kontrolle über alle wichtigen Ressourcen, damit eine kleine Mehrheit auf dieser Welt auf Kosten der anderen leben kann. Der weltweite unbefristete "Krieg gegen den Terror" meint nichts anderes, als dieses Ziel wo nötig mit militärischer Gewalt und ohne Behinderung durch internationales Recht durchzusetzen. Globalisierung und Krieg werden mehr und mehr zum Synonym. Wer das nicht will, wer eine Welt ohne Kriege für möglich hält, der muss am 21.Mai zur Großdemonstration nach Berlin.


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