SoZ Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Mai 2002, Seite 4

Unnötige Schützenhilfe der PDS

Kolumne von Jakob Moneta

Mit den Stimmen der PDS als Koalitionspartner der SPD hat das Land Berlin die Garantie für Risiken aus dem Immobiliengeschäft der Bankgesellschaft Berlin AG und deren Tochtergesellschaften übernommen. Die Risikoabsicherung beläuft sich auf 21,6 Milliarden Euro über den Zeitrahmen von zehn Jahren.
Der linke Sozialdemokrat und Rechtsanwalt Hans Georg Lorenz, seit 23 Jahren Abgeordneter, bestreitet, dass es hierzu keine Alternative gab. "Mit Horrorszenarien für den Fall der Ablehnung dieses ‚Ermächtigungsgesetzes‘, das 70000 Fondsanlegern eine Rendite abschirmt, die den Jahreshaushalt des Landes Berlin übersteigt, sind mehr als drei Millionen Berliner ihrer sozialen Rechte beraubt" und "die Abgeordneten weichgekocht" worden. Dass "Eigentum verpflichtet", gelte auch für die Banken. Man hätte einem Insolvenzverfahren ruhig entgegensehen können. Nicht einmal das Rechtsgutachten der Bankgesellschaft sage, dass die Garantien für die Fondsanleger — darunter sind auch 30—40 Abgeordnete (von 141), die über den eigenen Vorteil oder den von Angehörigen entschieden haben — vor Gericht Bestand hätten. "Sollen doch die 70000 Anleger klagen", erklärte Lorenz. "Wird den Banken ein Blankoscheck ausgestellt, wird das Parlament nicht mehr gebraucht, die Verfassung wird pervertiert. Das verbrennt mir die Seele."
Daniela Dahn, der trotz Protesten der CDU/CSU von der "rot-roten" Berliner Koalition die Louise- Schröder-Medaille verliehen wurde, ging in ihrer Dankesrede anlässlich der Verleihung auch auf den Bankenskandal ein: "Wir kann man es vermeiden, dass elementare kulturelle und soziale Leistungen in der Stadt entfallen, nur weil die Gewinngarantien von 70000 Zeichnern von abenteuerlichen Familienfonds noch über 25 Jahre erfüllt werden müssen?" Warum sollten "alle anderen Opfer bringen, nur nicht die Fondsanleger? Warum werden nicht auch mit ihnen Gespräche über einen Sozialpakt und über Verzichte geführt, die sie ohne Not erbringen könnten? Zumal sie ihre Einlagen über Steuervergünstigungen oft schon jetzt wieder herausgeholt haben"?
Das Bundesverfassungsgericht habe durchaus die Möglichkeit eingeräumt, den Schutz von Eigentumsrechten zu übergehen, "wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorangehen, eine rückwirkende Beseitigung von Normen erfordern".
Zwar gehe es in diesen Urteilen um eher minderbemittelte, zumal ostdeutsche Betroffene", aber es wäre doch "ein in der Bevölkerung wohlverstandenes rot-rotes Signal, diesmal denen entgegenzutreten, deren Hauptsorgen günstige Steuerabschreibungen sind. Das öffentliche Interesse ist jedenfalls schwerwiegend und ich behaupte, Louise Schröder wäre dafür gewesen", beendete Daniela Dahn ihres Dankesrede.
In Berlin hätte die PDS lieber erst die Gerichte sprechen lassen sollen, bevor sie der SPD als eine der Mitschuldigen an der Misere zur Seite steht.


LeserInnenbrief@soz-plus.de
zum Anfang