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Zum Thema Globalisierung sind viele, bisweilen sehr umfangreiche Bücher veröffentlicht worden. Zwar mit etwas Verspätung,
dafür aber in aller Kürze, hat nun die Europäische Verlagsanstalt in ihrer Reihe "wissen 3000" nachgezogen. Der Autor, Thomas Schroedter, sollte die
komplexe "Globalisierung", wie zuvor bereits andere Autorinnen und Autoren zu den Stichworten Asyl, Pop-Art, Sozialismus u.v.a., dem jugendlichen Zielpublikum auf
weniger als 100 Seiten nahe bringen.
Trotz gebotener Kürze holt Schroedter weit aus: Mit anschaulichen Beispielen aus dem 15.Jahrhundert räumt
er auf mit der Mär, bei der "Globalisierung" handele es sich um ein ganz und gar neues Phänomen. Sein historischer Blick erlaubt es ihm auch, viel deutlicher
noch als an aktuellen Beispielen die militärische Komponente der Handelspolitik aufzuzeigen.
Am Anfang des Buches macht der Autor neben technischen Entwicklungen ein konstituierendes Merkmal der
Weltwirtschaftsordnung seit ihrem Bestehen aus: die Ausbeutung der Ware Arbeitskraft und die Unterdrückung des Menschen durch den Menschen. Früher war es die
Sklaverei, dann die sog. Kulis und später die Lohnarbeit, die mit ihren Zwangsarbeitsmodellen in den faschistischen Gesellschaftssystemen des 20.Jahrhunderts die Arbeiterklasse
auspresste. Mit diesem zentralen Punkt hebt er sich erfrischend von denen ab, die viel schreiben, ohne den Kern des Problems zu erfassen.
Um so bedauerlicher ist es, dass der Autor der bisher offensivsten Gegenwehr gegen diese über die Jahrhunderte
entstehende Weltwirtschaftsordnung keine Zeile widmet: Die russische Oktoberrevolution war das herausragende historische Ereignis des 20.Jahrhunderts. Die Instrumente des Kalten
Krieges, die später von den im Kampf gegen die Achsenmächte siegreichen Alliierten entwickelt wurden, dienen bis heute als wesentliche Institutionen der kapitalistischen
Weltwirtschaftsordnung.
Mit der knapp und trefflich beschriebenen Rolle der sog. Institutionen von Bretton Woods Internationalen
Währungsfonds und Weltbank findet auch Thomas Schroedter wieder zum Lauf der Geschichte zurück. Auch dem oftmals naiven Blick vieler
Nichtregierungsorganisationen auf die UNO hält der Autor faktenreiches Material entgegen.
Wenn aufgrund der vorgegebenen Kürze einige Aspekte unter den Tisch fallen mussten, ist es dem Autor doch
gelungen, eine strukturierte und didaktisch gut aufgebaute Lektüre zu produzieren, die auch Neueinsteigern einen fast umfassenden Problemaufriss bietet.
Gerhard Klas