SoZ Sozialistische Zeitung

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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, März 2003, Seite 11

Verweigert den Kriegsdienst!

Rede von Tobias Pflüger auf der Münchner Kundgebung gegen die NATO-Konferenz

Es ist die Rede von 250000 Soldaten, es ist die Rede davon, dass von drei Seiten aus einmarschiert werden soll. Im letzten Golfkrieg gab es 150000 Tote, und es ist die Rede davon, dass man, was damals im gesamten Golfkrieg verschossen wurde, dieses mal an einem Tag verschießen könnte.
Deutsche Soldaten werden sich in den AWACS als Besatzung beteiligen. Gerhard Schröder hat zwar gesagt, sie werden sich an einer Zielplanung nicht beteiligen. Ich habe mich aber mit einem Soldaten unterhalten, und der lachte und sagte: "Wir (die Bundeswehr) stellen ein Drittel der Besatzung, und natürlich werden wir teilnehmen an der Zielplanung eines Krieges gegen den Irak."
Deshalb sage ich und fordere die Soldaten auf, die als Bundeswehrsoldaten in den AWACS- Maschinen Dienst tun sollen: "Soldaten der Bundeswehr, verweigert den Kriegsdienst oder desertiert."
Liebe Freundinnen und Freunde, Peter Struck hat im Wahlkampf erklärt, dass die ABC- Abwehrpanzer, die in Kuwait stationiert sind, abgezogen werden müssen, wenn der Krieg ausbricht, da sie sonst in einen Krieg involviert werden. So weit, so richtig!
Kaum war der Wahlkampf vorbei, hat Joschka Fischer erklärt, dass diese ABC- Abwehrpanzer dort langfristig stationiert werden müssen. Und jetzt hat der Generalinspekteur der Bundeswehr, Herr Schneiderhan, erklärt, er könne ja bei Kriegsbeginn die ABC-Soldaten in Kuwait nicht alleine lassen und deshalb müsse er dieses Kontingent aufstocken. Diese Soldaten werden die ersten sein, die sich ebenfalls am Krieg gegen den Irak beteiligen werden.
Und auch deshalb kann ich nur sagen: "Soldaten, die ihr in Kuwait stationiert seid, lasst euch heimschicken, so wie es tschechische Soldaten gemacht haben, oder verweigert den Kriegsdienst."
Liebe Freundinnen und Freunde, der Aufmarsch für diesen Krieg wäre ohne die Transporte über Frankfurt Airbase, Ramstein und Spangdahlem nicht möglich gewesen. Und wir alle wissen: Die Rechtslage ist die, dass ein Angriffskrieg von Deutschland aus nicht geführt werden darf.
Die Bundesregierung befindet sich nach Angaben des Bundesrichters Dieter Deiseroth "am Rande eines Verfassungsbruchs", wenn sie diese Transporte ermöglicht. Seit Juli laufen die Transporte, und ich fordere die Bundesregierung auf: "Stoppen Sie die gesamten Transporte aus Frankfurt Airbase, Ramstein, Spangdahlem, Vilseck, Bremen, Bremerhaven, Nordenham und so weiter…"
Dieser Tage wurde in Grafenwöhr das zentrale Kriegsvorbereitungsmanöver durchgeführt. Dort wurde mit den wichtigsten Repräsentanten des geplanten Irakkriegs — Tommy Franks und anderen Generälen —, wie es so schön heißt, "virtuell geübt". Dieses Manöver war die konkrete Kriegsvorbereitung. Deshalb begrüße ich, dass es von außen begleitet und gestört wurde von Friedensaktivisten.
Im Moment liegt bei der NATO die Anfrage vor, dass sie den Krieg unterstützen soll. Diese Anfrage ist noch nicht beschieden, weder negativ noch positiv. Wenn die deutsche Regierung wirklich gegen den Krieg wäre, dann müsste sie ein Veto innerhalb der NATO einlegen. Ich fordere sie dazu auf!
Die Bundesregierung ist an 20 verschiedenen Punkten daran beteiligt, diesen Krieg zu unterstützen. Ich habe einige davon benannt. Nun fragt man sich natürlich: Warum wird dann diese Friedensrhetorik formuliert? Das hat im Wesentlichen zwei Gründe:
Es ist "leider" so, dass in Deutschland nicht ständig Wahlen sind, denn Wahlen führen bei SPD-Vertretern dazu, dass sie ständig Friedensrhetorik absondern.
Zweitens leidet diese Friedensrhetorik daran, dass die deutsche Regierung und deutsche Firmen in dieser Region andere Interessen haben, als die USA und US-Firmen. Ein Beispiel: Eines der nächsten Kriegsziele der USA ist der Iran. Der Iran ist zugleich einer der wichtigsten Wirtschaftspartner Deutschlands in der Region. Und es ist nicht im Interesse deutscher Firmen und der deutschen Bundesregierung, dass der Iran als nächstes angegriffen wird.
Wir müssen also ganz klar sagen: Die Bundesregierung hat auch deshalb diese Friedensrhetorik formuliert, weil sie eigene Interessen in der Region hat.
Und das sieht man gerade jetzt, wenn die Rede ist vom "alten" und vom "neuen Europa". Es haben sich zwei Mächte gefunden, Frankreich und Deutschland, die im Moment auch noch ein anderes Projekt verfolgen.
Dieses Projekt heißt: die Herausbildung einer eigenständigen Militärmacht Europa! In Frankreich wird das ganz offen formuliert. Man will die Europäische Union als Gegenmacht gegen die USA aufbauen.
Ich sage: Wir wollen weder eine Weltmacht USA, noch eine Weltmacht Europäische Union, und wir wollen schon gar keine Weltmacht Deutschland.
Liebe Freundinnen und Freunde, auf den Punkt gebracht: Wer die US-Kriegspolitik berechtigterweise kritisiert, darf zur deutschen Kriegsunterstützungs- und Kriegspolitik nicht schweigen.

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