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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, März 2003, Seite 22

Kooperation der Linken in der PDS

Der nächste Versuch

Die Veranstaltung, zu der die Gruppe "Geraer Dialog" ins Schöneberger Rathaus geladen hat, beginnt — natürlich — nicht pünktlich. Soweit alles noch wie gewohnt. Aber dann beginnen — jedenfalls für linke Verhältnisse in deutschen Landen — die Merkwürdigkeiten. Die Debatte über die Entwicklung der PDS seit dem Geraer Parteitag und die notwendigen Schlussfolgerungen daraus wird durchaus kontrovers geführt. Aber man streitet sachlich, man hört auf die Argumente des Anderen und geht auf dessen Argumente ein. Nicht auszudenken, wenn dies Schule machen würde.
Sechs Stunden dauerte die Diskussion. Weitgehend einig waren sich die mehr als 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus allen Teilen der Bundesrepublik darin, dass die Hoffnungen, die viele PDS-Mitglieder an den Ausgang des Parteitags in Gera geknüpft hatten, enttäuscht worden sind. "Es gibt keinen Dialog nach Gera." Die dort gefassten Beschlüsse für eine Stärkung des sozialistischen Charakters der PDS seien nicht umgesetzt worden, so der ehemalige Bundestagsabgeordnete Winfried Wolf. Der Prozess der Zerstörung des sozialistischen Charakters der PDS setze sich fort, unter anderem vorangetrieben von den "selbsternannten Reformlinken", so Wolf. Wie ein roter Faden zog sich auch die vehemente Kritik an der neoliberal ausgerichteten Politik des Berliner SPD-PDS-Senats durch die Diskussion. Insbesondere die Rolle, die die PDS dabei spielt, wurde immer wieder harter Kritik unterzogen.
Nach der Mittagspause konzentrierte sich die Debatte auf die praktischen Schlussfolgerungen. Mehrere Diskussionsredner bezeichneten die angestrebte Gründung eines Zusammenschlusses als logische Schlussfolgerung aus allerlei Anläufen, kleinen, großen und schließlich mittelgroßen Ratschlägen und linken Netzwerkeleien, die alle ihr Ziel verfehlt hätten, eine bessere Kommunikation und Kooperation in der PDS-Linken zu schaffen. Für einen neuen Anlauf gäbe es mit dem "Plädoyer für einen Geraer Dialog", den bis zu jenem Sonnabend in Schöneberg bereits 175 Personen unterzeichnet hatten, unter ihnen 20 Parteitagsdelegierte, eine hinreichende inhaltliche und personelle Grundlage. Hierüber gab es durchaus Streit, meldeten sich doch Vertreter der "Linken Opposition in und bei der PDS" zu Wort, um darauf zu verweisen, dass es bereits eine konsequent linke PDS-Strömung gebe.
Die übergroße Mehrheit der Anwesenden sah dies offensichtlich anders. Die Gründung des Geraer Dialogs als bundesweiter weltanschaulicher Zusammenschluss erfolgte einmütig, bei wenigen Stimmenthaltungen.
Die Versammelten verabschiedeten eine kurzen Gründungstext, in dem u.a. deutlich gemacht wird, dass der sozialistische Charakter der PDS nur dann erhalten werden kann, wenn sie sich antikapitalistisch ausrichtet, ihren Schwerpunkt in der außerparlamentarischen Arbeit sieht, sich konsequent für jeden Schritt in Richtung Emanzipation engagiert und gleichzeitig den "Sozialismus als eine Gesellschaft, in der die Dominanz des privatkapitalistischen Eigentums überwunden" ist, nicht aus dem Auge verliert.
Nicht zuletzt die Zusammensetzung des in Berlin in geheimer Wahl bestimmten Sprecherrats macht deutlich, dass der "Geraer Dialog" nicht als Konkurrenzveranstaltung zu anderen linken Gruppierungen in der PDS gedacht ist. Neben der niedersächsischen Landesvorsitzenden der PDS, Dorothee Menzner, die auch Mitglied im Bundesvorstand der Partei ist, wurden Jochen Traut (Suhl, KPF), Ekkehard Jänicke (Parteiratsmitglied für die Ökologische Plattform), Ekkehard Lieberam (Leipzig, Marxistisches Forum), Thomas Pätzold (PDS Thüringen), Sigurd Schultze (Berlin, KPF) und Winfried Wolf (PDS Baden-Württemberg) gewählt.

Michael Mäde

Kontakt: el-leipzig@gmx.net; www.geraer-dialog.de.



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