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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, April 2003, Seite 4

Gegen den Zeitgeist unsere Interessen formulieren

von JAKOB MONETA

Der Flächentarifvertrag — unter dem Druck der Verbetrieblichung und Vermarktung" wurde auf einer Tagung der IG Metall in Frankfurt von hochqualifizierten Wissenschaftlern und gewerkschaftlichen Aktivisten mit großer Sachkenntnis unter die Lupe genommen.
Jürgen Peters, 2.IGM-Vorsitzender, hat sich in seinem Eröffnungsreferat nicht nur kritisch mit der Sozialpolitik der rot-grünen Regierung auseinandergesetzt, sondern forderte auch dazu auf, die Interessen der Gewerkschaftsbewegung "gegen den Zeitgeist unüberhörbar zu formulieren" und "wieder mehr deutlich zu machen, was wir wollen, indem wir unsere Zukunftsvorstellungen formulieren und gesellschaftliche Perspektiven entwickeln".
Die letzten Landtagswahlen hätten deutlich gemacht: Die Bevölkerung ist mit der Politik der Bundesregierung zutiefst unzufrieden. Schmerzlich ist, es waren die Beschäftigten und auch die Erwerbslosen, die den Ausschlag für die Verluste der SPD gegeben haben. Inzwischen wissen wir, dass der Bundeskanzler keine Lehren aus der Wahlniederlage der SPD gezogen hat. Erwerbslose, Kranke, Rentner sind es, denen jetzt neue Lasten aufgebürdet werden sollen.
Als Antwort darauf hat der IG-Metall-Vorstand beschlossen, "eine gesellschaftliche Initiative zu ergreifen, um dem neoliberalen Denken und der neoliberalen Propaganda etwas entgegenzusetzen". Dafür wollen sie die Kirchen, Verbände, Vereine und nicht zuletzt Wissenschaftler gewinnen. Peters: "Wir brauchen die Bündelung der Kräfte, die eine soziale Erneuerung wollen, die eine demokratische Gesellschaft nicht allein am Koordinatensystem der Marktwirtschaft ausrichten."
Wie aber sollte eine solche Gesellschaft aussehen? Scheuen wir uns nur darum, sie sozialistisch zu nennen, weil die "irreal sozialistische" Gesellschaft im Osten so kläglich gescheitert ist?
War es aber nicht Lenin, der sagte: "Der Mensch muss träumen können!" Und es war der revolutionäre Träumer Lenin, der in seinen Thesen zur nationalen und kolonialen Frage schrieb: "Die Tendenz zur Schaffung einer einheitlichen Weltwirtschaft hat sich bereits unter dem Kapitalismus sehr deutlich gezeigt. Diese Tendenz sollte nicht etwa rückgängig gemacht werden, sondern" (wörtlich!) "unbedingt eine weitere Entwicklung und völlige Vollendung unter dem Sozialismus finden", und zwar durch "Schaffung einer einheitlichen, nach einem Gesamtplan des Proletariats aller Nationen regulierten Weltwirtschaft als Ganzes". Die Idee, dass sich der Sozialismus in einem einzelnen Land verwirklichen lasse (Stalin), war für Lenin nur eine "ganz lächerliche Phantasterei und Utopie".
Es wäre deshalb auch für Jürgen Peters wichtig gewesen, einen Blick nach Porto Alegre in Brasilien zu richten, wo eine weltweite Diskussion von fast 100000 Teilnehmern über eine "von allen Nationen regulierte Wirtschaft" stattfand, die beweisen sollte, dass eine neue Welt möglich ist.

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