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Es gibt in Bochum Theater und Theater für das bekannte Schauspielhaus muss wohl nicht erst geworben werden.
Aber die ein bisschen anderen, wie das Prinzregent-Theater (in einer stillgelegten Schachtanlage) oder das TheaterTotal in den Eickhoff-Hallen benötigen
schon die Aufmerksamkeit von Leuten, die nicht nur in den großen Stadttheatern Schauspielkunst sehen wollen. Wo mehr Selbstorganisation, soziale
Wirkungen und (gesellschafts)politisches Engagement des Theaters zählen.
Dies ist ein besonderes Projekt: seit 1996 finden sich jedes Jahr neu rund 25 junge Leute aus
ganz Deutschland mit Künstlern aus ganz Europa in Bochum zusammen um Theater zu machen. Und das von morgens bis abends mit allen Aspekten, die
Theater bietet: Schauspielern, Improvisieren, Tanz und Musik, Bühnenbau und Bühnenbild, Werbung und Sponsoring, Kunst und Technik
eben "Theater total" für jede und jeden.
Für viele der jungen Teilnehmenden dient es zur Berufsorientierung, zur Erkenntnis
individueller Stärken, doch vor allem soll das Gefühl für Verantwortung und der Mut, Probleme wahrzunehmen und anzupacken, geweckt
werden. Jeder Einzelne trägt hier Verantwortung, von der Auswahl des Stücks bis zur Tourneeplanung. Der Schauspielunterricht wird durch Tanz,
Körpertraining und Malerei ergänzt. Kreativität, Selbstorganisation sowie soziales Miteinander stehen im Vordergrund. Dieses Mal gab eine
ausdrucksstarke Performance über "Wärme" einen Eindruck von der Intensität der Truppe. Höhepunkt ist die Inszenierung
eines Stücks und eine Tournee durch Deutschland.
Für dieses Projekt hat ein Maschinenbauunternehmen in Bochum eine Werkshalle und
die ehemalige Kegelbahn mit Sozialräumen zur Verfügung gestellt.
Die Leiterin Barbara Wollrath-Kramer schreibt: "Immer breitere
Bevölkerungsschichten haben das Gefühl, überflüssig zu sein, leiden an Depressionen und Krankheiten, leben in ständiger Angst
vor Arbeitslosigkeit. Trotz allem sind viele bereit, etwas Neues zu beginnen
Mein größtes Anliegen ist es, dass junge Menschen lernen,
Verantwortung zu tragen für sich, für die anderen und für die Umwelt
Du kommst auf die Welt und kannst sie verändern, wenn du
willst
Alle jungen Menschen, die zu TheaterTotal kommen, werden unsere Zukunft maßgeblich mitgestalten
Durch bewusstes und individuelles
Arbeiten lernen die jungen Menschen, ihre Visionen in Worte zu fassen und gegen alle äußeren und inneren Widerstände hindurch zu
verwirklichen
Ein Weg zum Entdecken und Stärken dieser Fähigkeiten führt über das künstlerische und das soziale Handeln
So verwundert es nicht, dass jeder Teilnehmer von TheaterTotal mit oder ohne Schulabschluss nach dem Projekt seinen Ausbildungsplatz,
seine Studienrichtung, seinen Studienplatz gefunden hat."
Träger dieses Projekts, das schon internationale Auftritte und Workshops hinter sich hat,
ist ein Verein namens "Theater Macht Mut".
Molières gesellschaftskritische Komödie Der Menschenfeind von 1666 nimmt die
höfische Gesellschaft Ludwig XIV. in Frankreich aufs Korn. Es ist der Versuch des Einzelnen innerhalb einer konventionellen bis korrupten Gesellschaft
individuell zu bestehen, sie zu kritisieren und ändern zu wollen.
Durch Ausprobieren, spielerisches Improvisieren und gedankliche Auseinandersetzung mit
diesem Stück hat die Gruppe ein Pendant in der glitzernden Scheinwelt des Unterhaltungsfernsehens der heutigen Zeit gefunden.
So wütet der Protagonist Alceste in der Inszenierung von TheaterTotal dann auch durch
das Studio einer gefeierten Prominententalkshow. Unnachgiebig übt er Kritik an der Oberflächlichkeit der Reichen und Schönen des
Showbusiness. Das Drama in der Komödie: Gerade er verliebt sich in die femme fatale des Senders, die glitzernde Starmoderatorin Célimène.
Er scheitert im Widerspruch mit seinen hohen Idealen an der eigenen Persönlichkeit und sieht seinen einzigen Ausweg darin, aus dieser Gesellschaft zu
fliehen und in die "Wüste" zu gehen.
Benutzt wird die Übersetzung von Hans Magnus Enzensberger; sie scheint sich durch die
moderne Sprache mit zahlreichen Seitenhieben auf eine glänzende Party- und Konsumgesellschaft für den Rahmen eines Fernsehstudios zu eignen
das zeitgemäße Milieu, das die jungen Leute aus eigener Anschauung kennen.
"Die Brisanz des Themas", schreiben sie in ihrer Ankündigung, "liegt
für TheaterTotal in der täglichen Überflutung durch die Medien, die uns mit dem Schein von Glück, Wohlstand und Liebe unterhalten,
sodass wir die Augen nur allzu oft vor der Realität verschließen."
Mit diesem Stück und auf der Basis der Intensität des eigenen Konzepts gibt es am
11.April 2003 Premiere in Bochum in der Performance-Halle Eickhoff an der Wasserstraße.
Für die folgende Tournee sind unter anderem Stuttgart, Heidenheim, Paderborn,
Gütersloh, Heidelberg und Köln schon feststehende Aufführungsorte. Mit der erstmaligen Teilnahme am Türkisch-Deutschen
Theaterfestival der Ruhr-Universität Bochum will TheaterTotal ebenfalls eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe der Kunst wahrnehmen: zur
Völkerverständigung und zum Vorurteilsabbau beizutragen.
So ein Theater "macht Mut" in Bochum auf jeden Fall dorthin zu gehen,
oder in anderen Städten, wenn die Tournee in die Gegend kommt genaue Informationen auf der Homepage: .
Rolf Euler
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