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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Mai 2003, Seite 14

Die Aufteilung der Beute

Ali Baba und die 40 Räuber

Die US-Soldaten waren noch nicht vor Bagdad, da verkündete die Presse schon, der US-Spezialist für Erdölausrüstungen Halliburton hätten den Auftrag erhalten, die Feuer über den Ölfeldern von Basra zu löschen. Nicht nur bei anderen Ölkonzernen herrschte da aufgeregte Stimmung, auch bei den europäischen Regierungen.
Inzwischen ist eindeutig, dass die "Koalition der Willigen", wegen ihrer Zahl 40 im Volksmund auch Ali Baba und die 40 Räuber genannt, keine Mitesser neben sich dulden werden. Und auch innerhalb der Koalition herrscht eine strenge Hierarchie. Erst kommt der Chef, dann sein Helfershelfer, dann lange nichts, dann der Schuhputzer aus Madrid; für den Rest gibt‘s Krümel.
Fragt man nach den Kriegsgewinnlern, reicht es vollkommen, nach den Öl- und Rüstunsgkonzernen Ausschau zu halten. Unter den Öl fördernden Konzernen sticht insbesondere Exxon hervor. Exxon hatte bereits im September vergangenen Jahres einen Auftrag über 48 Millionen Dollar ergattert, der ihn zum wichtigsten Lieferanten von Benzin, Diesel und Maschinenöl für die US-amerikanische Armee, Marine und Luftwaffe machte. Hinzu kamen Lieferungen an die NATO und andere Abteilungen des Kriegsministeriums. Bush revanchierte sich damit für die reiche Wahlkampfunterstützung, die Exxon ihm hatte zukommen lassen (über 1 Million Dollar) und sicherte ihm einen saftigen Profit zu, noch bevor im Irak ein Schuss gefallen war.
Aus diesem Grund, aber auch weil Bush aus Rücksicht u.a. auf Exxon das Klimaprotokoll von Kyoto nicht unterzeichnet hat, ist nun in verschiedenen Ländern Europas und in den USA selbst eine Kampagne zum Boykott von Exxon angelaufen. Neben Exxon zählen Chevron-Texaco, das mit der Firma Arbusto Energy Oil verbunden ist, und auf britischer Seite Royal Dutch Shell zu den Hauptprofiteuren des Krieges.Die Washington Post berichtete, der frühere Generaldirektor von Shell, Philip J.Carroll, sei für die Neuordnung der Ölindustrie vorgesehen. Die britischen und amerikanischen Ölkonzerne drängen darauf, dass die Verträge, die Saddam mit französischen, russischen und chinesischen Firmen abgeschlossen hat, als nichtig erklärt werden.
Die Konzerne, die Ölausrüstungen verkaufen, haben ebenfalls eine fette Scheibe zu erwarten; denn ihnen kommt die Rolle zu, die verrotteten Ölanlagen abzubauen und durch neue zu ersetzen. Zu ihnen gehören die schon genannte Firma Halliburton, deren Vorsitzender einmal der heutige Vizepräsident Dick Cheney war, und Bushs eigene Firma Arbusto Energy Oil.

Öl und Rüstung

Die zweiten großen Gewinnler sind die Rüstungskonzerne. Sie haben bereits gewonnen, indem ihre Aktienkurse stark gestiegen sind. Sie sind auch massiv in der Militärregierung vertreten, die das Land "in die Demokratie" führen soll, und vertreten nebenbei die Interessen gewichtiger Konzerne. Der designierte Militärgouverneur im Irak, Jay Garner, war Vorsitzender der SyColeman, eine Firma, die Aufträge vom Pentagon bekam. Diese Firma war am Projekt Patriot-Rakete beteiligt und hat eng mit Israel bei der Entwicklung des Raketensystems Arrow zusammengearbeitet. Garner ist Unterstützer der pro-israelischen Lobbyisten-Gruppe Jewish Institute for National Scurity Affairs, der auch Cheney, Richard Perle und James Woolsey angehören.
Alle diese Personen gehören auch der Defense Policy Group an — eine Art ThinkTank der Rechtsaußen-Strömung der Bush-Regierung, die die Präventivkriegstrategie maßgeblich vorbereitet hat und nach dem 11.9. für die Entscheidung verantwortlich war, den "Krieg gegen den Terror" zum Krieg gegen den Nahen Osten umzudeuten. Der Defense Policy Board berät das Pentagon; die ihm angehörenden Mitglieder werden vom Unterstaatssekretär im Pentagon, Douglas Feith, ausgesucht und von Kriegsminister Donald Rumsfeld persönlich bestätigt.
James Woolsey gehört auch zu dieser Riege. Er war früher Direktor der CIA und ist jetzt als "irakischer Informationsminister" im Gespräch. Woolsey hat sich mit Äußerungen hervorgetan wie: "Dies ist der vierte Weltkrieg, und er wird gegen drei Feinde geführt: die religiösen Führer des Iran, die Faschisten in Irak und Syrien und islamische Extremisten wie Al Qaeda."
Von den 30 Mitgliedern des Leitungsgremiums des Defense Policy Board sind nach Angaben des Center for Public Integrity, einer privaten NGO, mindestens 9 Mitglieder Rüstungsfirmen eng verbunden; sie haben zwischen 2001 und 2002 über 76 Milliarden Dollar an Aufträgen des Pentagon verdient. Zu ihnen gehören Jack Sheenan, ein Marinegeneral a.D., der heute Vizepäsident der Bechtel-Gruppe ist, aber auch der frühere Außenminister George Shultz, der im Verwaltungsrat der Bechtel-Gruppe sitzt. Bechtel, eine Gruppe von Baufirmen, gehört zu denen, die sich die größten Aufträge für den "Wiederaufbau" des Irak versprechen. Diese Aufträge umfassen ein Volumen von bis zu 680 Millionen US-Dollar für anderthalb Jahre.
Die Lobby-Arbeit der Konzerne wird unterstützt durch das Committee for the Liberation of Irak, das im vergangenen Jahr gegründet wurde; es hat PR-Arbeit für ein umfassendes Kriegsziel im Irak geleistet ("Es geht um mehr als nur den Sturz Saddam Husseins"; man müsse "für die Befreiung des Irak und den Wiederaufbau seiner Wirtschaft" arbeiten) und steht jetzt auf der Matte, die entsprechenden Aufträge in die richtigen Kanäle zu leiten.
Einige der Mitglieder des Defense Policy Board gehören gleichzeitig dem Committee an.
Es versteht sich von selbst, dass Rüstungsfirmen wie Raytheon, die die Tomahawk- Rakete bauen, oder United Defense, die Raketenabschussrampen für die Navy und die Luftwaffe bauen, oder die anderen, deren Munition und Ausrüstungen in diesem Krieg verbraucht wurden, sich ihre goldene Nase bereits verdient haben.

Angela Klein

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